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- LINKE in der Krise
Genossen fürchten um die Einheit
Die LINKE: Partei- und Fraktionsspitze wollen Ende November über ihre Konflikte reden
Am Montag geschah etwas Ungewöhnliches: Ein einzelnes Mitglied des LINKE-Bundesvorstandes - Arne Brix - veröffentlichte auf der Parteiwebseite eine Pressemitteilung. Tags zuvor hatte er in der Sitzung des Gremiums einen Antrag eingebracht. Der Vorstand sollte alle Bundestagsabgeordneten auffordern, ihr Mandat zurückzugeben, sollten sie die Linksfraktion verlassen.
Anlass für den Vorstoß war die Ankündigung von Thomas Nord vergangene Woche in einer Fraktionssitzung, er wolle im Januar entscheiden, ob er Teil der LINKEN im Bundestag bleibe oder nicht. Ob er sein Mandat dann als Fraktionsloser weiter wahrnehmen oder zurückgeben will, hatte er offengelassen. Nord hatte seine Erklärung damit begründet, dass er die öffentlichen Positionierungen von Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und anderen Abgeordneten zur Flüchtlings- und Migrationspolitik nicht mehr mittragen könne. Wagenknecht hebt unter anderem regelmäßig die problematischen Aspekte von Migration und Flucht hervor.
Parteichef Bernd Riexinger sagte am Montag gegenüber »nd«, der Vorstand habe mehrheitlich beschlossen, sich nicht mit dem Antrag von Brix zu befassen. Denn, so Riexinger, dessen Inhalt sei »eigentlich eine Selbstverständlichkeit«. Zudem entspreche das von Brix Formulierte »nicht der Konfliktlage« und helfe nicht bei der Beilegung der Differenzen. Riexinger verwies auf eine gemeinsame Klausur von Parteivorstand und Fraktion am 30. November, auf der versucht werden soll, einen konstruktiven Umgang miteinander zu finden.
Brix sagte im Gespräch mit »nd«, er hätte den Vorstand in der Pflicht gesehen, »ein klares Signal für die Einheit der LINKEN zu setzen«. Es müsse klar sein, dass Abgeordnete ihr Mandat im Dienst der LINKE-Wähler ausüben »und dieses nicht einfach privatisieren können«. Partei und Bundestagsfraktion hätten auch in der Vergangenheit viele Alleingänge wichtiger Politiker aushalten müssen. Er habe den Eindruck, dass »mit zweierlei Maß gemessen werde«, wenn jetzt die Forderung nach Neuwahl des Fraktionsvorstandes immer lauter werde, sagte Brix. Denn auch Abschiebungen aus Brandenburg und Thüringen, wo die LINKE regiere, seien Belastungsproben für die Partei. Die Positionen von Wagenknecht zu Flucht und Migration teile er nicht, so Brix. Dennoch müsse man konstruktiv miteinander arbeiten.
Während die LINKE immer noch stark mit ihren inneren Konflikten befasst ist, senden einige SPD-Politiker erstmals seit langem vorsichtige Signale in deren Richtung. So sprach sich Juso-Chef Kevin Kühnert am Montag im Deutschlandfunk für einen »Lagerwahlkampf« aus, also für ein Bekenntnis zu Bündnissen links der Großen Koalition. Am Wochenende hatte die Vorsitzende Andrea Nahles erstmals angekündigt, die Partei werde Hartz IV hinter sich lassen und ein neues Sozialstaatskonzept erarbeiten. Kühnert betonte, niemand werde es der SPD »abkaufen, dass sie ihr neues Konzept in einer GroKo durchsetzen« könne. Linksparteichef Riexinger zeigte sich trotz der Ankündigungen von Nahles skeptisch, »ob die SPD Bestandteil eines linken Lagers ist«. Derzeit vermittle sie weiter den Eindruck, dass sie »mit allen Mitteln Neuwahlen verhindern« und sich »weiter durchwurschteln« wolle, sagte er dem »nd«.
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