- Politik
- Bayrische Grenzpolizei
Grenzpolizei griff nur neun Migranten an Grenze auf
Bei der Schleierfahndung im Hinterland zeigten bayrische Grenzschützer in drei Monaten 203 unerlaubte Einreisen an / Beamte verfolgten hauptsächlich Rauschgiftdelikte
München. Die neu geschaffene bayerische Grenzpolizei hat bei ihren unmittelbaren Grenzkontrollen in rund fünf Monaten neun Migranten aufgegriffen und an die Bundespolizei übergeben. Das teilte die Bundespolizeidirektion München auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
Die direkten Kontrollen seien nur ein kleiner Teil der Aufgaben der Grenzpolizei, betonte das Innenministerium in München dazu. Insgesamt zeigten laut Ministerium Grenzpolizisten zwischen Juli und Ende September 203 unerlaubte Einreisen an, viele aber bei der Schleierfahndung im Hinterland. Neben dem Kampf gegen Schleuser und illegale Einreisen sei ein wichtiges Ziel der Grenzpolizei, Drogenhändler, Waffenschmuggler und andere Kriminelle möglichst nahe der Grenze aus dem Verkehr zu ziehen. Bis September deckten die Beamten demnach unter anderem 643 Rauschgiftdelikte und 140 Verstöße gegen das Waffengesetz auf.
Seit Juli sind etwa 500 Beamte der Landespolizei, die vorher für die Schleierfahndung zuständig waren, als Grenzpolizisten im Einsatz. Die Ermittlungsarbeit im Grenzhinterland blieb wie in den Jahren zuvor ein Schwerpunkt ihrer Arbeit. Neu sind die zentrale Koordination der Schleierfahndung für ganz Bayern und die direkten Einsätze an der Grenze, die aber von der Bundespolizei angefordert oder mit ihr abstimmt werden müssen.
Damit soll die Grenzpolizei die CSU-Forderung nach sicheren und kontrollierten Außengrenzen umsetzen. Sie setze ein wichtiges Zeichen, dass Bayern seine Grenzen selbst schützen könne, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Start Anfang Juli.
Insgesamt wurden laut Bundespolizeidirektion im Zeitraum von Januar bis September an der Grenze zu Österreich rund 7820 unerlaubte Einreisen angezeigt, ein Teil davon bei den stationären Kontrollen an den Autobahnen. An der A8 bei Bad Reichenhall, der A3 bei Passau und der A93 bei Kiefersfelden kontrolliert die Bundespolizei mit Unterstützung der bayerischen Bereitschaftspolizei rund um die Uhr.
Die Opposition im Landtag hatte die Einrichtung der Grenzpolizei kritisiert. Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Horst Arnold, nannte die Grenzpolizei einen »dem Wahlkampf geschuldeten Etikettenschwindel«. »Aufwand und Nutzen stehen in keinem Verhältnis zueinander, das zeigen die jüngsten Zahlen. Hier werden Ressourcen verschwendet, die anderswo dringend gebraucht würden. Die bislang 500 Beamten der Grenzpolizei werden dringend auf der Straße in den Großstädten und auf dem Land benötigt, wo es oft eine halbe Stunde dauert, bis die Polizei kommt.«
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, verlangte grundsätzlich ein Ende der Kontrollen an den bayerischen Grenzen. »Sie schädigen unsere Wirtschaft und belasten Reisende, Pendler und die Grenzkommunen«, sagte Schulze. »Die mickrigen Zahlen verdeutlichen zudem: Es macht überhaupt keinen Sinn, bayerische Polizeikräfte zuständigkeitsfremd an der Landesgrenze einzusetzen. Es gibt dort weder einen Bedarf, noch ein Problem, das die Bundespolizei nicht alleine lösen könnte.« Die bayerischen Polizisten müssten wieder mit originären landespolizeilichen Aufgaben betraut werden - dann könne hoffentlich der gewaltige Überstundenberg abgebaut werden.
Die Grünen zweifeln auch die Verfassungsmäßigkeit der neuen Behörde an. Im Auftrag der Grünen im Bundestag hatten zwei Juristen eine rechtliche Bewertung abgegeben, nach der Bayern mit der Grenzpolizei die föderale Kompetenzverteilung im Bereich des Grenzschutzes untergrabe. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte das zurückgewiesen.
Die neue Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern hat sich zu der Grenzpolizei bekannt und ihren Fortbestand im Koalitionsvertrag festgelegt. Bis 2023 soll die Zahl der Beamten auf 1000 steigen. dpa/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.