Mein Kind, dein Kind, unser Kind
Rechtliche Tipps zu Sorgerecht, Unterhalt und Nachnamen in Patchworkfamilien
Das traditionelle Familienmodell ist schon länger im Umbruch. Immer öfter leben Elternteile samt Kindern aus früheren Partnerschaften mit neuen Partnern und gemeinsamen Kindern unter einem Dach. Das Bundesfamilienministerium geht davon aus, dass 7 bis 13 Prozent der deutschen Haushalte sogenannte Patchworkfamilien sind.
Das Sorgerecht im Familienalltag
Das Leben in den neu zusammengewürfelten Familienkonstellationen wirft so manche Frage auf. Etwa im Hinblick auf das Sorgerecht. Wer darf beispielsweise welchem Kind den Kitaausflug oder die Klassenreise genehmigen?
Haben die leiblichen Eltern das gemeinsame Sorgerecht, hängt die Zuständigkeit von der Tragweite der jeweiligen Entscheidung ab. Alltagsangelegenheiten, wie beispielsweise die Teilnahme an einem Kitaausflug, kann der leibliche Elternteil, bei dem das Kind hauptsächlich lebt, alleine entscheiden. Er kann auch seinem neuen Partner, der Stiefmutter oder dem Stiefvater, dafür eine Vollmacht erteilen.
Anders sieht es bei Grundsatzentscheidungen aus, zum Beispiel bei der Auswahl der passenden Schule, der Zustimmung zu einer Operation oder gar einer Auswanderung. Dann muss der zweite leibliche, mit sorgeberechtigte Elternteil zustimmen oder eine entsprechende Vollmacht unterschrieben haben.
Besitzt einer der Elternteile das alleinige Sorgerecht und ist mit dem neuen Partner verheiratet, dann hat der Stiefelternteil ein sogenanntes «kleines Sorgerecht». Paragraf 1687b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) überträgt dem Stiefvater oder der Stiefmutter die Befugnis, in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes mitzuentscheiden.
Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Stiefelternteil die Entscheidungen im Einvernehmen mit dem leiblichen Elternteil trifft. Beide müssen sich also abstimmen und dürfen nicht gegen den Willen des anderen entscheiden.« Allein entscheiden darf der Stiefelternteil nur im Notfall, etwa bei ärztlicher Behandlung nach Unfall.
Regelungen zum Kindesunterhalt
Gehen die Partner einer gescheiterten Beziehung neue Ehen ein, ändert das nichts an den jeweiligen Unterhaltspflichten. Das heißt, der bisher unterhaltspflichtige Elternteil muss weiter für seine leiblichen Kinder zahlen. Stiefeltern sind jedoch nicht unterhaltspflichtig. Auch das Einkommen des Stiefelternteils wird nicht angerechnet. Der neue Partner muss nur dann Unterhalt für die Kinder seines Ehepartners aus erster Ehe zahlen, wenn er diese adoptiert.
Heiratet der Unterhaltspflichtige selbst neu, hat zwar sein neuer Ehepartner grundsätzlich Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Der Unterhalt für die leiblichen Kinder geht aber vor - der neue Partner im Zweifelsfall leer aus. Bekommt der Unterhaltspflichtige ein Kind mit dem neuen Partner, geht dieses den Kindern aus erster Ehe beim Unterhalt nicht vor: Alle leiblichen Kinder sind gleichberechtigt.
Steigt allerdings die Zahl der unterhaltsberechtigten Personen, kann dies dazu führen, dass bei der Berechnung nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle andere, niedrigere Sätze anzuwenden sind. Der Unterhalt für die einzelnen Berechtigten sinkt dann. Außerdem kann bei mehreren Unterhaltsberechtigten der zu zahlende Unterhalt schnell den Betrag übersteigen, der nach Abzug des Selbstbehalts vom Einkommen übrig bleibt. Dann liegt ein sogenannter Mangelfall vor und das für den Unterhalt zur Verfügung stehende Geld wird unter den Kindern aufgeteilt.
Übrigens: Was beim Unterhalt gilt, gilt auch für das Erbrecht. Stiefkinder sind vor dem Gesetz nicht mit dem Stiefelternteil verwandt und damit nicht erbberechtigt. Ihnen würde noch nicht einmal ein Pflichtteil zustehen. Daher müssen Stiefeltern, die ihren Stiefkindern etwas vererben möchten, dies ausdrücklich per Testament oder Erbvertrag regeln.
Neue Ehe - neuer Name für das Stiefkind?
Heiratet ein Elternteil nach einer Scheidung erneut, kann dessen Kind aus vorheriger Ehe zunächst seinen Nachnamen behalten. Aber: Hat der leibliche Elternteil das alleinige Sorgerecht, dann kann er gemeinsam mit dem neuen Partner im Rahmen einer sogenannten »Einbenennung« (§ 1618 BGB) dem Kind den neuen Familiennamen geben. Bei einer »Einbenennung« kann aber auch ein Doppelname entstehen, wenn der bisherige Nachname mit Bindestrich vorangestellt oder angehängt wird. Bei Kindern über fünf Jahren ist deren Zustimmung erforderlich - sogar per Unterschrift beim Standesamt.
Haben beide leiblichen Elternteile das gemeinsame Sorgerecht oder trägt das Kind den Namen des Ex-Ehepartners, muss auch dieser der neuen Namensgebung zustimmen.
Um das an einem Beispiel zu illustrieren: Leon Schmidt ist das Kind von Frau und Herrn Schmidt. Nach der Scheidung lebt Leon bei seiner Mutter. Frau Schmidt heiratet in zweiter Ehe Herrn Müller und nimmt dessen Namen an. Leon kann jetzt den Nachnamen »Müller« annehmen, sich für einen Doppelnamen, also Leon Schmidt-Müller, entscheiden oder er bleibt bei Leon Schmidt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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