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Rot-Rot-Grün in Erfurt ist tot
Das Ende von Rot-Rot-Grün in Erfurt zeigt: R2G ist nur eine machtpolitische Option unter mehreren und ein Zweckbündnis
Zwischen dem Ort, an dem Rot-Rot-Grün vor wenigen Tagen gestorben ist und dem Ort, an dem Rot-Rot-Grün im nächsten Jahr noch einmal neu belebt werden soll, liegen gerade einmal etwa zehn Autominuten. Länger braucht man nicht, um vom Rathaus in Erfurt bis zum Landtag in der thüringischen Landeshauptstadt zu fahren. Was also bedeutet es für die Landespolitik, dass in Thüringens größter Stadt das Stadtrats-Bündnis aus LINKEN, SPD und Grünen zerbrochen ist, während auf Landesebene die drei Partner noch immer miteinander regieren und sich gegenseitig versprochen haben, nach der Landtagswahl 2019 gemeinsam weiterregieren zu wollen? Sollte das Wahlergebnis das zulassen…
Dass diese Frage überhaupt im Raum steht, obwohl das Scheitern von Rot-Rot-Grün im Erfurter Stadtrat doch zuallererst eine lokalpolitische Angelegenheit ist, hat viel mit der Genese dieses Bündnisses in der Vergangenheit, mit den dabei handelnden Personen und schließlich auch mit der Art, wie das Bündnis zu Tode gekommen ist, zu tun.
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Im Rathaus von Erfurt machte Rot-Rot-Grün schon konkrete Politik, da war eine solche Regierungskoalition auf Landesebene in Thüringen und auch in anderen Bundesländern nur der Wunschtraum von einigen Funktionären. Zudem arbeitete dieses Bündnis nicht unter irgendeinem Oberbürgermeister, sondern unter jenem Andreas Bausewein, der 2014 Vorsitzender der Thüringer SPD wurde; mehr oder weniger gegen seinen Willen, weil Bausewein – das ist seit seinem Rücktritt von dem Parteiposten 2017 noch deutlicher als es in der Vergangenheit schon war – mit Leib und Seele Kommunalpolitiker ist. Die Landes- oder gar Bundespolitik ist nicht seine Spielwiese. Über Jahre hinweg galt der ehemalige Vorsitzende der Thüringer Jusos zudem als ausgesprochen linker Sozialdemokat.
Aber unter genau diesem Sozialdemokraten ist Rot-Rot-Grün in Erfurt nun eben gestorben, weil Bausewein nicht nur, aber vor allem den Grünen einen Personalwunsch nicht erfüllt hat. Statt die bisherige Wirtschaftsdezernentin und Grüne Kathrin Hoyer zur Wiederwahl vorzuschlagen, präferierte Bausewein den ehemaligen Kulturdirektor der Stadt, Tobias Knoblich, für den Job.
Der wurde Ende November im Stadtrat schließlich auch gewählt; ohne freilich, dass Rot-Rot-Grün dabei geschlossen abgestimmt hätte. Immerhin hatten die Grünen bis zuletzt ultimativ auf die Wiederwahl Hoyers gesetzt. Auch wenn sie seit Langem in der Stadt umstritten ist, weil die vielen Fehlplanungen beim Umbau des Stadions der Stadt ihr angelastet werden. So tief sitzt der Frust nun bei den Grünen in Erfurt, dass sie sich inzwischen sogar öffentlich dafür entschuldigt haben, die Wiederwahl Bauseweins zum Oberbürgermeister Anfang 2018 unterstützt zu haben.
Also, zurück zur Ausgangsfrage: Was bedeutet das Aus für Rot-Rot-Grün in Erfurt für Rot-Rot-Grün in Thüringen?
Bei denen, die für das Bündnis Landespolitik machen, ist man seit Tagen bemüht, die Antwort auf diese Frage möglichst unspektakulär zu halten. Selbst bei den Grünen. Natürlich gehe vom Aus für das Bündnis in Thüringens größter Stadt ein verheerendes Signal aus, sagt zum Beispiel die Grüne-Landtagsabgeordnete Astrid Rothe-Beinlich, die auch im Stadtrat sitzt. Doch faktisch gebe es keine direkten Auswirkungen auf die Landespolitik.
Die Zusammenarbeit dort sei nach wie vor gut und man habe sich ja gegenseitig versprochen weitermachen zu wollen. Dann legt sie noch eine Spitze gegen Bausewein nach: Wenn er so wenig von Rot-Rot-Grün halte, wie er nun gezeigt habe, dann sei es nur richtig, dass er inzwischen nicht mehr Thüringer SPD-Chef sei, sagt sie.
Doch ganz so losgelöst voneinander sind die Stadtpolitik in Erfurt und die Landespolitik in Thüringen dann wohl doch nicht. Weil die Abkehr Bauseweins von Rot-Rot-Grün etwas illustriert, was Bausewein in seiner Zeit als Parteivorsitzender immer wieder deutlich gemacht hat. Und was eine Geisteshaltung ist, die es in der Partei noch gibt, in der Bausewein nach wie vor viele Anhänger hat.
Rot-Rot-Grün, hatte Bausewein in der Vergangenheit erklärt, sei aus seiner Sicht vor allem eine machtpolitische Option für die SPD, um aus der babylonischen Gefangenschaft mit der CDU zu entkommen. Keine Liebesheirat. Die Art und Weise, wie kaltblütig er Rot-Rot-Grün in Erfurt hat sterben lassen, zeigt, dass solche Aussagen ganz ernst gemeint waren. Wozu landespolitisch passt, dass auch die Grünen in Thüringen Rot-Rot-Grün als Option nach der Landtagswahl zwar favorisieren, sich aber auch eine Koalition mit der CDU offen halten.
Die Antwort auf die Ausgangsfrage lautet also: Erfurt zeigt, dass Rot-Rot-Grün wie alle Koalitionen vor allem ein Zweckbündnis ist.
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