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»Verboten ist das vollständige ...
Bauern und Politiker können nur hoffen, nicht als männliche Ferkel wiedergeboren zu werden, meint Kathrin Gerlof
... oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres.« Ja, der Paragraf 6 des Tierschutzgesetzes ist an Klarheit nicht zu übertreffen. Aber Klarheit im Gesetz bedeutet noch lange nicht, dass die Politik sich an die von ihr geschaffenen Regeln hält. Es ist auch schwer, vorausschauend zu handeln. Gerade in der Politik, wo jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf … Womit wir beim Thema wären.
Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat befunden und der Bundestag hat zugestimmt, dass es auch in den kommenden zwei Jahren erlaubt sein soll, männliche Ferkel, die nicht älter als acht Tage sind, betäubungslos zu kastrieren. Eigentlich - aber wirklich nur eigentlich - wäre dies ab dem 1. Januar 2019 verboten. Man mag es kaum glauben, aber die amtliche Begründung lautet so: »Die Durchführung des Eingriffs ohne Betäubung ist für das Ferkel mit Schmerzen verbunden … Inzwischen stehen mit der Durchführung des Eingriffs unter Narkose, der Immunokastration oder dem Verzicht der Kastration durch Ebermast verschiedene Alternativen zur betäubungslosen Kastration zur Verfügung.« Die bedeuten, es gebe keinen vernünftigen Grund mehr, die kleinen Neugeborenen zu quälen.
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Die Politik sieht das anders. Frau mag sich gar nicht vorstellen, wie schwer es den Männern im Ausschuss gefallen sein muss, unseren Bauern weiterhin zu gestatten, die männlichen Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren. Denen ging es bestimmt nicht gut bei der Abstimmung (Grüne und LINKE waren übrigens gegen die Verlängerung, offensichtlich sind die Männer dieser Fraktionen empathischer).
Politik braucht Zeit, Wirtschaft schindet Zeit, beide Interessen gehen da oft Hand in Hand. Es ist genau zehn Jahre (sic!) her, da hat die Wirtschaft, namentlich der Deutsche Bauernverband und der Verband der Fleischwirtschaft, in einer Düsseldorfer Erklärung die Selbstverpflichtung abgegeben, baldmöglichst auf die Ferkelkastration zu verzichten. Seitdem arbeiten Wirtschaft und Politik mit Hochdruck daran, dieses hehre Ziel umzusetzen. Zumal die Europäische Union 2010 tatsächlich das Ziel formulierte, die »chirurgische Kastration von Ferkeln unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 1. Januar 2018 einzustellen« und diesen schwierigen Prozess durch eine Expertengruppe begleiten zu lassen.
Nun sind zehn Jahre wahrlich keine lange Zeit. Und es musste ja in Deutschland auch erstmal eine Koordinierungsplattform eingerichtet werden, die den schönen Namen »Verzicht auf betäubungslose Ferkelkastration« trug. Schon acht Jahre nach der Düsseldorfer Erklärung legte diese Plattform ein Eckpunktepapier vor. Hut ab! Man war nach langen Debatten zu dem Schluss gekommen, dass es tatsächlich Alternativen gibt. Zum Beispiel Kastration unter Betäubung, also »mit Schmerzausschaltung«. So viel Weisheit hätte man der Plattform vielleicht nicht zugetraut, aber schlau sind die offensichtlich.
Nun rückt der 1. Januar 2019 heran. Upps, mag sich die Politik gedacht haben: Wir wollten doch diese Sauerei mit den Ferkelchen ab dem neuen Jahr gar nicht mehr zulassen. »Was nun«, sprach Zeus, »die Götter sind besoffen« - irgendwie muss aus dem Versäumnis ein ganz normaler politischer Vorgang gebastelt werden. Zum Beispiel eine Verlängerung der Erlaubnis zur Tierquälerei um zwei Jahre. Bauern und Politiker - ihr könnt so froh sein, dass ihr die ersten acht Tage eures Lebens unbeschadet überstanden habt, und die Gefahr, in den kommenden zwei Jahren als kleines männliches Ferkel zu reinkarnieren, relativ gering ist.
Noch ein bisschen Prosa gefällig? »Die Fortführung der chirurgischen Kastration hat den Vorteil, dass im Anschluss keine weiteren Umstellungen bei der Aufzucht, der Mast, der Schlachtung, der Verarbeitung und der Vermarktung erforderlich sind.« Ja wenn das so ist.
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