Investor ausgebremst

Senat beschließt neues Planungsrecht für den Checkpoint Charlie

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Konflikt um die Bebauung am Checkpoint Charlie hat der Senat seinen Kurs geändert. Am Dienstag stellte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) im Roten Rathaus ein überarbeitetes Planungsrecht vor, auf das sich der Senat zuvor in seiner Sitzung verständigt hatte.

Demnach soll die kommerziell nutzbare Fläche auf dem historischen Areal in Kreuzberg um fast ein Viertel verkleinert werden. Statt wie bisher 23 000 sollen nur noch 17 000 Quadratmeter wirtschaftlich genutzt werden dürfen. Zudem soll es ein Museum über den Kalten Krieg geben, das »den Denkmalschutz an diesem zeitgeschichtlich bedeutsamen Ort wahrt«, wie Senatorin Lompscher sagte. Dies bedeutet, dass das bisher auf dem historisch besonders bedeutsamen östlichen Grundstück geplante Museum auf die andere Straßenseite rücken muss. Auch eine alltagstaugliche Nutzungsmischung mit Wohnungen und Gewerbe soll ermöglicht werden.

Stärkt unabhängigen linken Journalismus...

Jeden Tag lesen rund 25.000 Menschen unsere Artikel im Internet, schon 2600 Digitalabonennt*innen und über 500 Online-Leser unterstützen uns regelmäßig finanziell. Das ist gut, aber da geht noch mehr! Damit wir weiterhin die Themen recherchieren können, die andere ignorieren und euch interessieren. Hier mitmachen!

»Der Senat hat sich noch einmal intensiv mit der den Planungszielen für den Checkpoint Charlie auseinandergesetzt«, erläuterte Lompscher, »daraus haben sich einige Änderungen ergeben.«

Bereits im Vorfeld der Senatssitzung am Dienstag hatten sich Politiker der rot-rot-grünen Koalition kritisch über die Bebauungspläne des Investors Trockland geäußert. Das Unternehmen will am Checkpoint Charlie ein Hotel, Büros und Wohnungen errichten. Nachdem der Investor die Grundschuld mehrerer Flächen am einstigen Grenzübergang zwischen West- und Ostberlin übernommen hatte, hatte der Senat eine Absichtserklärung mit Trockland unterzeichnet.

Doch Medienberichte über die Hintergründe von Trockland und die Quellen des Finanzkapitals des Unternehmens hatten in der vergangenen Woche für Wirbel gesorgt. Nach Recherchen des »Tagesspiegel« sollen Familienmitglieder des ehemaligen turkmenischen Diktators Saparmyrat Nyýazow Minderheitsbeteiligungen an dem Unternehmen halten. Gelder sollen teilweise in Steueroasen deponiert worden sein.

»Ich bin natürlich überrascht, weil wir schon drei Jahre mit dem Berliner Senat sehr eng zusammenarbeiten«, sagte Trockland-Geschäftsführer Heskel Nathaniel dem rbb-Inforadio am Dienstag. Er wollte sich noch nicht abschließend dazu äußern, ob sein Unternehmen trotz der veränderten Lage an dem Projekt festhalten wird.

Berlins Regierender Bürgermeister Michel Müller (SPD) sagte, dass man das Gespräch mit dem Investor suchen werde. »Wir werden auf der Grundlage der neuen Beschlüsse mit Trockland reden«, sagte Müller. »Die geschlossene Absichtserklärung ist rechtlich nicht hinfällig geworden.«

Müller dementierte nicht, dass die Recherchen über Trockland zu der Kehrtwende im Planungsrecht geführt haben. »Wir sind vorsichtig und sensibel, mit wem wir hier Geschäfte machen«, so der Regierende. Das Land Berlin hat bei den Flächen um den Checkpoint Charlie das Vorkaufsrecht. Ob man das nach einem möglichen Ausstieg von Trockland auch nutzen will, wollte Müller nicht sagen. »Sollte diese Situation eintreten, wird der Senat schauen, ob es sinnvolle Optionen gibt.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.