Internationale Razzia gegen italienische Mafia

Ermittler in Deutschland, Italien, den Niederlanden und Belgien gehen mit großangelegten Durchsuchungen gegen Mitglieder der italienischen 'Ndrangheta vor

  • Lesedauer: 3 Min.

Wiesbaden. Ermittler in Deutschland, Italien, den Niederlanden und Belgien sind mit einer großangelegten Razzia gegen Mitglieder der italienischen Mafiaorganisation 'Ndrangheta vorgegangen. Es habe am Mittwochmorgen mehrere Festnahmen und Durchsuchungen gegeben, teilte das Bundeskriminalamt in Wiesbaden mit. In Deutschland gab es Einsätze in Nordrhein-Westfalen und Bayern. Der Schwerpunkt sei in NRW, sagte eine BKA-Sprecherin. »Die Maßnahmen dauern derzeit noch an.« Laut »Bild.de« wurden bundesweit mehr als 100 Objekte durchsucht, darunter auch Pizzerien. Einsätze gab es demnach etwa im Rheinland und im Ruhrgebiet.

Die kalabrische 'Ndrangheta gilt inzwischen als die mächtigste italienische Mafia-Organisation. Sie dominiert den Drogenschmuggel nach Europa und ist auch in Deutschland aktiv. So gehen die Mafia-Morde von Duisburg im Jahr 2007 auf ihr Konto.

Die Europäische Justizbehörde Eurojust koordinierte die internationale Aktion. Sie wollte um 12 Uhr am Mittwoch in Den Haag über die Ermittlungen informieren. Das BKA wollte am Nachmittag Details bekanntgeben. Wie viele Verdächtige festgenommen wurden und wo genau die Durchsuchungen waren, wurde zunächst nicht bekannt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa gab es auch in Südamerika Einsätze.

Dutzende Mafia-Festnahmen in Italien

Erst am Dienstag war italienischen Mafia-Jägern ein wichtiger Schlag gegen die sizilianische Cosa Nostra gelungen. Dabei wurden 46 Mafiosi festgenommen, darunter auch ein führender Kopf der Cosa Nostra, wie die italienische Polizei mitteilte. Auch ein Führungskreis der Verbrecherorganisation wurde demnach zerschlagen. Den insgesamt 46 Festgenommenen werden unter anderem illegaler Waffenbesitz, Erpressungen, Brandstiftungen und gewaltsame Übergriffe vorgeworfen.

Unter dem Vorsitz von Settimo Mineo, 80 Jahre alt, Juwelier mit einem langen Vorstrafenregister, soll es der Cosa Nostra zudem erstmals seit mehr als 25 Jahren gelungen sein, eine Versammlung der sogenannten Mafia-Kommission abzuhalten. Die Ermittler sehen darin einen Versuch der Mafia-Organisation, zu alter Stärke zurückzufinden.

In der auch als »Kuppel« bezeichneten Kommission versammeln sich die wichtigsten Köpfe der Cosa Nostra, um strategische Entscheidungen zu treffen. Seit 1993, dem Jahr der Festnahme des mächtigen und im vergangenen Jahr gestorbenen Mafia-Bosses Salvatore »Toto« Riina, hatte die »Kuppel« nach Erkenntnissen der Ermittler allerdings nicht mehr funktioniert - bis zum Treffen Ende Mai, das von Mineo an einem geheimen Ort geleitet wurde.

Wie viel Macht Mineo innerhalb der Mafia selbst hatte, ist unklar. Bestenfalls könne er als Vorsitzender eines Gremiums gelten, als Machtvermittler zwischen den Cosa Nostra-Familien, denn als »oberster Boss«, sagte der Kriminologe Federico Varese von der Universität Oxford. Für die Ermittler sind die Festnahmen dennoch ein großer Erfolg, da die Kommission zerschlagen wurde, deren alleinige Existenz eine »schwerwiegende Gefahr« der öffentlichen Sicherheit in der gesamten Provinz Palermo darstelle.

Dass die Cosa Nostra offenbar versucht, sich neu zu strukturieren, bringen die Ermittler direkt mit dem Tod von Riina am 17. November 2017 in Verbindung. Der Todestag sei ein »historischer Wendepunkt« für die Organisation gewesen, heißt es in der Mitteilung. Beobachter hatten bereits nach dem Tod des »Bosses der Bosse« vermutet, dass die Mafia-Organisation versuchen werde, sich neu aufzustellen.

»Die Cosa Nostra steckt in Schwierigkeiten, weil sie unter sehr intensivem Druck steht«, sagte Staatsanwalt Salvatore De Luca. Dennoch dürfe der Staat auch nicht für kurze Zeit nachgeben, sonst »könnte sie zu früherer Stärke zurückkehren«, sagte De Luca. Agenturen/nd

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