Gerichte uneinig über YPG-Symbole

Verschiedene Verfahren zeigen unterschiedliche Rechtsauffassungen der Länder

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

In zahlreichen Städten Deutschlands finden derzeit Verfahren wegen des Zeigens von Symbolen der syrisch-kurdischen Milizen YPG und YPJ statt. Immer deutlicher zeigt sich dabei in der Verfolgungspraxis, dass Polizeieinsatzleiter, Versammlungsbehörden, Gerichte und Staatsanwälte je nach Bundesland und Zeitpunkt unterschiedliche Bewertungen der Organisationen vornehmen. Jüngst wurde dies erneut in zwei Gerichtsprozessen unter Beweis gestellt.

Am Montag erhielt so einerseits Monika Gärtner-Engel, stellvertretende Parteivorsitzende der MLPD, vom Amtsgericht Gelsenkirchen für das Tragen einer YPG-Fahne einen Freispruch. Gärtner-Engel hatte zuvor gegen einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Essen über 200 Euro geklagt. Ende März beschlagnahmten Polizisten die Fahne von Gärtner-Engel auf einer Demonstration in Gelsenkirchen. Im Verfahren plädierte nun die Staatsanwaltschaft auf Freispruch, da keine strafbare Handlung zu erkennen sei. Die YPG sei in Deutschland nicht verboten. Dem schloss sich das Gericht an.

Die Staatsanwaltschaft München will sich wiederum mit einem Freispruch des Amtsgerichtes München nicht zufriedengeben. Die Richter hatten vor einigen Wochen den Künstler Ludo Vici freigesprochen. Dieser stand vor Gericht, weil er auf Facebook einen Beitrag geteilt hatte, der mit einem YPG-Symbol bebildert war. Das Amtsgericht sprach Ludo Vici frei, da dieser ohne Vorsatz gehandelt habe. Zur Frage, ob das Symbol der YPG an sich verboten ist, traf es keine Entscheidung. Ludo Vici bestätigte gegenüber »nd«, dass die Staatsanwaltschaft nun gegen den Freispruch in Berufung gegangen ist. »Das ist eine absurde Veranstaltung«, beklagte sich der Künstler.

Ludo Vicis Rechtsanwalt Mathes Breuer fügte gegenüber »nd« hinzu: »Die Münchener Staatsanwalt hat mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie die absurdesten Fälle vor Gericht bringt, von daher bin ich nicht überrascht.« Die Verantwortung für diese Kriminalisierung trage jedoch das Bundesinnenministerium und damit die Große Koalition. »Die Verschärfung der Verfolgung der kurdischen Bewegung und ihrer Unterstützer ist überall ein Trend«, so Breuer. Nach Einschätzung des Anwalts prüfe nun die Münchener Staatsanwaltschaft, ob sich für sie ein erneuter Gang vor das Landesgericht lohne. Diese Prüfung könne bis zu drei Monate dauern. Falls es zu einem weiteren Prozess kommen sollte, zeigt sich Breuer zuversichtlich: »Ich habe keinen Zweifel, dass der Freispruch in der nächsten Instanz bestehen bleibt.« Erst im März hatte das Landgericht Aachen ein Urteil des Aachener Amtsgerichts bestätigt, wonach das Posten der YPG-Fahne in den sozialen Medien nicht verboten ist.

Grundlage der unterschiedlichen juristischen Bewertungen ist eine umstrittene Kann-Regelung durch ein Rundschreiben des Bundesinnenministeriums vom März 2017 an die Länder. Demnach können Symbole von in Deutschland legalen kurdischen Organisationen wie der YPG verboten werden, wenn sie von der verbotenen PKK als »Ersatz« verwendet werden. Die Bestimmung, ob dies zutrifft, liegt letztlich jedoch im Entscheidungsspielraum der jeweiligen verantwortlichen Behörde - und schafft so enorme Unsicherheit etwa bei Demonstrationen oder Veranstaltungen. Vor allem bayerische Behörden fallen mit einer äußert repressiven Auslegung der Regelung auf.

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