- Wirtschaft und Umwelt
- Elon Musk
Der Hyperloop braucht mehr Zeit
Eröffnung der Teststrecke eines neuen unterirdischen Verkehrssystems wurde verschoben
»Mehr als eine Tunneleröffnung«, twitterte der Unternehmer Elon Musk vor wenigen Tagen. »Wird modifizierte, aber vollständig straßenzugelassene autonome Transportwagen und Boden-zu-Tunnel-Fahrzeugaufzüge beinhalten.«
Die Rede ist von der Eröffnung der ersten Hyperloop-Teststrecke seines Unternehmens The Boring Company, die Musk nun für den 18. Dezember ankündigte. Der Tunnel verläuft unter Hawthorne, einem Vorort im Süden von Los Angeles. Hier sollen Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von bis zu 240 Kilometern pro Stunde unter Tage bewegt werden. Die Öffentlichkeit kann am Tage nach der feierlichen Einweihung kostenlos fahren - vermutlich in autonomen Elektrofahrzeugen des Herstellers Tesla, eines anderen Unternehmens von Musk.
Seine Idee stellte er erstmals im Jahr 2013 vor: Hyperloop ist demnach ein unterirdisches Transportsystem, in dem Gondeln - sogenannte Pods - mit jeweils 28 Passagieren mehr als 1120 Kilometer pro Stunde zurücklegen können. Die Technologie funktioniert wie ein Pneumatikschlauch und ähnelt dem alten Rohrpostsystem. Im Tunnel herrscht ein Teilvakuum, das die hohen Geschwindigkeiten ermöglicht. Der Pod schwebt durch Magnetschwebetechnik oder Luftdruck über dem Boden und bewegt sich reibungslos. Elektromagnetismus und Luftkompressoren drücken ihn nach vorne. Der benötigte Strom kommt von Solaranlagen an der Strecke.
Musk begründete sein Interesse an dieser Technik damit, er wolle den »seelenvernichtenden Verkehr« in den großen Weltstädten eliminieren. Er stellte eine Verbindung zwischen den Großstädten Los Angeles und San Francisco in 43 Minuten in Aussicht. Die Fahrt mit dem Auto auf der gleichen Strecke dauert derzeit rund 5,5 Stunden bei normalem Verkehr.
Enthusiasten sollten jedoch erst dann in Jubelstürme ausbrechen, wenn der Tunnel wirklich eingeweiht ist und seinen Praxistest besteht. Ursprünglich sollte der Hawthorne-Tunnel nämlich schon an diesem Montag eröffnet werden. Die genauen Gründe für die Verspätung wurden nicht genannt.
Außerdem hat Musk kürzlich die Pläne für den Bau eines weiteren, drei Kilometer langen Hyperloop-Testtunnels auf der Westseite von Los Angeles gestrichen. Hier hatten lokale Aktivisten eine Klage eingereicht, laut der die Technologie zwar der Stadt beim Klimaschutz helfen könnte, es aber keine ausreichenden Umweltprüfungen gegeben habe. So könnte der starke Lkw-Verkehr in der Bauphase monatelang ihre Nachbarschaften verpesten.
Musk entschied sich dafür, seine Pläne zu ändern anstatt zu kämpfen. »The Boring Company strebt nicht mehr die Entwicklung des Sepulveda-Testtunnels an«, teilte das Unternehmen mit. Dies war ein weiterer Schlag für Musk, der erst kürzlich auf Druck der US-Börsenaufsicht als Verwaltungsratschef von Tesla zurücktreten musste. Musk hofft indes immer noch, eine weitere, 5,6 Kilometer lange Hyperschleife zwischen einer Metrostation und dem Baseballstadion der Dodgers bis 2020 bauen zu können.
Los Angeles brauche alle neuen Ideen, um den Verkehr zu reduzieren, sagte Juan Matute vom Institut für Stadtplanung an der die University of California in Los Angeles. »Aber die Verkehrsprobleme des Dodger- Stadions ließen sich auch durch reine Busspuren lösen.«
Andere sind generell kritisch gegenüber dieser Technik. Carlo Ratti, Ingenieur am Massachusetts Institute of Technology, sagte, dass Hyperloops irreführende Lösungen für die Verkehrsprobleme böten. Es sei letztlich die Art von Erfahrung wie bei Flugreisen zwischen zwei Großstädten: lange dauernde Transfers zu Vororten, wo die Hyperloop-Strecke beginnt und endet, und eine »kurze Fahrt in einer kleinen, dunklen U-Bahn«. Er genieße die Fahrt mit oberirdischen Schnellzügen, so Ratti.
Die Tatsache, dass Musk mit anderen Tunneln weiter macht, zeigt jedoch, dass er nach wie vor an das Konzept glaubt. In einem 2013 veröffentlichten Whitepaper schätzte er, dass die Kosten für den Bau eines Hyperloops zwischen Los Angeles und San Francisco mit einer Kapazität von 840 Passagieren pro Stunde rund sechs Milliarden Dollar betragen würden. Ein Ticketpreis von 20 Dollar pro Fahrt sei unter diesen Bedingungen realistisch.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.