»Ich glaube, die EVG will auch mal zeigen, dass sie streiken kann«

Warnstreiks bei der Deutschen Bahn ab Montag angekündigt / Schwerpunkt des Arbeitskampfes soll in Nordrhein-Westfalen liegen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die neue Woche beginnt für Tausende Fahrgäste und Pendler ungemütlich: Bei der Deutschen Bahn wollen Beschäftigte mit einem bundesweiten Warnstreik am Montag die Arbeit niederlegen. Es drohen zahlreiche Zugausfälle und Verspätungen. Nach Angaben der Bahn soll Nordrhein-Westfalen ein Schwerpunkt der Aktionen sein. Nähere offizielle Informationen der zum Ausstand aufrufenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gab es zunächst nicht.

»Der Ausstand wird bundesweit am Montagmorgen von 5.00 Uhr bis 9.00 Uhr dauern«, zitierte die »Bild«-Zeitung einen EVG-Sprecher. Der Ausstand werde S-Bahnen, den Regional- und Fernverkehr und auch den Güterverkehr betreffen. Die Auswirkungen würden sich weit in den Tag hineinziehen. Regionale Schwerpunkte könne er nicht nennen.

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Die Deutsche Bahn teilte auf ihrer Internetseite mit, in Nordrhein-Westfalen solle es am Montagvormittag einen Streikschwerpunkt geben, »der voraussichtlich überregionale Auswirkungen haben wird«. Für Reisende mit Flexpreis- und Sparpreistickets mit Gültigkeit am Montag wurde laut Bahn die Zugbindung aufgehoben, die Tickets konnten bereits Sonntag genutzt werden.

Die EVG hatte am Samstag die Tarifverhandlungen in Hannover abgebrochen und angekündigt, Reisende müssten schon zu Wochenbeginn »mit erheblichen Zugausfällen rechnen«. Die Deutsche Bahn (DB) kritisierte den Abbruch der Gespräche als »völlig überflüssige Eskalation«. Dagegen sagte die EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba, die Bahn hätte nur Angebote vorgelegt, »die nicht den Forderungen unserer Mitglieder entsprachen«. Am Verhandlungstisch sei derzeit »offensichtlich kein Abschluss möglich«.

»Wir kehren an den Verhandlungstisch zurück, wenn die Bahn deutlich macht, ernsthaft mit uns verhandeln zu wollen. Die jetzt angekündigten Warnstreiks werden aber nicht mehr zu verhindern sein, unsere Mitglieder sind hochmotiviert«, erklärte EVG-Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal.

Die Bahn verhandelt in Hannover parallel mit der Lokführergewerkschaft GDL und der EVG. Beide Gewerkschaften fordern 7,5 Prozent mehr Geld und den Ausbau eines 2016 vereinbarten Wahlmodells, bei dem Beschäftigte zwischen Lohnerhöhung, Arbeitszeitverkürzung und mehr Urlaub wählen können. Insgesamt geht es um rund 160.000 Beschäftigte.

Die Gespräche mit der GDL wurden laut Bahn einvernehmlich auf Dienstag vertagt und finden in Eisenach statt. »Wir sind auf einem guten Weg und kurz vor dem Ziel«, erklärte DB-Personalvorstand Martin Seiler. Auch der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky äußerte sich zuversichtlich zu den Einigungschancen. »Ich gehe davon aus, dass die Verhandlungen am Dienstag abgeschlossen werden können«, sagte Weselsky dem »Tagesspiegel« (Montagsausgabe). Er fügte aber hinzu: »Dienstag ist Zahltag, eine weitere Runde wird es nicht geben.«

Die EVG vertritt etwa 160.000 Beschäftigte der Deutschen Bahn im Inland. Die kleinere GDL verhandelt für einen Teil davon - rund 36.000 Beschäftigte des Zugpersonals, darunter vor allem Lokführer, Zugbegleiter und Bordgastronomen.

Die Bahn forderte die EVG auf, die Gespräche wieder aufzunehmen. Die EVG habe ein »7-Prozent-Paket« abgelehnt. Das Angebot der Bahn umfasse 6,7 Prozent inklusive Wahlmodell und Erhöhung der betrieblichen Altersvorsorge. »Bei diesem Angebot den Verhandlungstisch zu verlassen, ist nicht nachvollziehbar und verunsichert völlig unnötig unsere Kunden mitten in der Weihnachtszeit«, erklärte Personalvorstand Seiler.

Weselsky kritisierte die Warnstreiks der EVG ebenfalls. »Ich glaube, die EVG will auch mal zeigen, dass sie streiken kann«, sagte der GDL-Vorsitzende dem »Tagesspiegel«. »Dass die Lokführer das können, haben wir ja in der Vergangenheit mehrfach bewiesen.« Agenturen/nd

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