Zusammen ist man weniger allein

Der LINKE-Studierendenverband SDS veranstaltete einen Kongress zum Erbe von 1968 und dessen Aktualität

  • Christopher Wimmer
  • Lesedauer: 3 Min.

Rund 5000 Teilnehmer*innen aus vierzehn Ländern waren zur Technischen Universität Berlin gekommen. Ihr Ziel: Eines der zentralen Ereignisse der deutschen Studierendenbewegung. Im Audimax hielt Rudi Dutschke sein bekanntes Referat »Die geschichtlichen Bedingungen für den internationalen Emanzipationskampf«, über ihm ein großes Banner mit der Aufschrift: »Für den Sieg der vietnamesischen Revolution«. Der Internationale Vietnamkongress von 1968 wurde organisiert vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS).

Fünfzig Jahre später sitzt nun Martin Wähler, ein anderer SDS’ler, auf den Stufen des Mathegebäudes der TU - wenige Meter entfernt vom Audimax. Auch er hat einen Kongress zu organisieren. Laufend klingelt sein Telefon. Wähler gehört zum Organisationsteam des Kongresses »68/18. Geschichte wird gemacht«, der vergangenes Wochenende an der TU in Berlin stattgefunden hat - organisiert ebenfalls vom SDS.

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Der im Mai 2007 gegründete Studierendenverband »Die Linke.SDS« trägt in bewusster Anknüpfung an die 68er-Bewegung ebenfalls den Namen SDS, steht jedoch in keiner organisatorischen Verbindung mit dem historischen Verband, jenem zentralen Akteur der internationalen Neuen Linken und Teil der westdeutschen außerparlamentarischen Opposition. Der aktuelle SDS ist der Studierendenverband der Partei DIE LINKE.

Ganz im Sinne des Jubiläums von 50 Jahren 1968 versuchte der Kongress an die historischen Errungenschaften der 68er zu erinnern und diese zugleich vor dem Hintergrund gegenwärtiger politischer Herausforderungen zu reflektieren. »1968 ist für uns ein wichtiger Bezugspunkt«, sagte Wähler, es gehe aber in erster Linie darum, »was wir aus jenen Kämpfen für aktuelle gesellschaftliche Auseinandersetzungen lernen können.«

Den rund 1300 Teilnehmer*innen aus dem gesamten Bundesgebiet wurden während der drei Tage rund 100 Veranstaltungen, Lesungen, Workshops, Diskussionen, Filme und Theater geboten. »Es gab Busse aus mehreren Bundesländern, sowohl mit organisierten Menschen als auch mit Interessent*innen«, so Wähler.

Die Themenbreite der Veranstaltungen war ebenso beeindruckend, wie die unterschiedlichen Menschen, die miteinander in Gespräch kamen: Zeitzeug*innen der 68er, kritische Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen und Engagierte aus den sozialen Bewegungen, dem Kulturbereich, dem Journalismus, aus Parteien und Gewerkschaften.

Die Forscher*innen wie Frank Deppe oder Gisela Notz berichteten beispielsweise von ihren unmittelbaren Erfahrungen rund ums Jahr 1968. In zahlreichen Veranstaltungen wurde dies dann auf konkrete aktuelle Fragen übertragen. So gab es Workshops und Podiumsdiskussionen zum Kampf gegen rechts, über Linkspopulismus und verbindende Klassenpolitik, über den Frauenstreik und sozialistische Antworten auf den Klimawandel. Neben dem eigentlichen Kongressprogramm boten auch die Medienpartner »Der Freitag«, »Jacobin Magazin« und auch das »nd« eigene Veranstaltungen an.

Begeistert äußerte sich darüber die 19-jährige Sabrina im Gespräch mit dem »nd«. Sie kam für den Kongress extra aus einem kleinen niedersächsischen Dorf nach Berlin gefahren. »Bei uns vor Ort gibt es einfach keine spannenden Veranstaltungen und hier kommen Leute wie Katja Kipping oder Didier Eribon«, so die Schülerin. Sie ergänzte: »Es ist ermutigend zu sehen, dass sich so viele andere junge Menschen auch ähnliche Fragen stellen und man dann miteinander diskutieren kann.«

Zwar gab es auf den einzelnen Veranstaltungen durchaus rege Debatten, man merkte dem Kongress jedoch an, dass der SDS das »Wer ist wer« der (parteipolitischen) Linken zum Kongress eingeladen hatte. Als Konsequenz gab es letztlich wenig fundamentalen Streit, aber auch wenig überraschende oder neue Erkenntnisse. Als erster Schritt mag eine solche Selbstverständigung und auch eine Erkenntnis der eigenen Wirkmächtigkeit sicherlich sinnvoll sein - ein Kongress kann hierfür den Rahmen bieten. Wichtig wird aber dann jedoch das Praktisch-Werden dieser Erkenntnisse in Kämpfen um gesellschaftliche Hegemonie.

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