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Am Schoko-Weihnachtsmann verdienen andere
Fairer Kakaohandel geht an den Interessen von Kleinbauern meist vorbei - Bio-Siegel und Weiterverarbeitung vor Ort könnten die Alternative sein
Zu viel Markt ist für die Kakaobauern nicht gut. Davon ist Helene Naegele, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Wettbewerb und Verbraucher am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, überzeugt. Schätzungsweise 5,5 Millionen Kleinbauern leben weltweit mehr schlecht als recht von den meist violetten Samen des Kakaobaumes. Zwar versuchen Zertifizierungsorganisationen über Sozialstandards und Qualitätsnormen die Preise zu puschen, und Fairtrade International will im kommenden Jahr den Mindestabnahmepreis um 20 Prozent erhöhen. Doch zurzeit fällt der Preis einfach schneller: Der Kakaopreis pro Tonne ist seit September 2016 von rund 3000 Dollar auf 2000 Dollar (1750 Euro) gesunken. Dabei sind in Deutschland mittlerweile vier von zehn Weihnachtsmännern aus zertifiziertem Kakao hergestellt.
Die Forscherin vom DIW kritisiert daher an den Fairhandelsorganisationen die Fixierung auf den Markt. »Ich denke, das Ganze krankt daran, dass man versucht, sich möglichst nah an Marktmechanismen zu orientieren und diese trotzdem zu umgehen«, sagt Naegele. »Das funktioniert in dieser Form nicht.«
Was auch daran liegt, dass sich mit Kakao gute Geschäfte machen lassen. Wird er trocken und kühl aufbewahrt, hält er sich über viele Jahre, ohne an Qualität zu verlieren. Diese Langlebigkeit macht Kakao - im Unterschied zu Kaffee, der schneller an Qualität verliert - zu einem besonders attraktiven Spekulationsobjekt.
Woher nehmt ihr dann den Kakao?
Die Bäuerin Elizabeth Agyei und die Aktivistin Sandra Sarkwah über die Situation der ghanaischen Kakaobauern
Der hierzulande wichtigste Einfuhr- und Lagerhafen ist Hamburg. Hier kommen jährlich bis zu 300 000 Tonnen Kakao an, zwei Drittel der deutschen Importe. Deren Kurswert beträgt aktuell über eine halbe Milliarde Euro. Im Hamburger Hafen wird auch »Spekulationskakao« gelagert, der an den Terminbörsen in London und New York gehandelt wird.
Im langfristigen Trend sind die realen, also inflationsbereinigten, Kakaopreise deutlich gesunken. Gleichzeitig stiegen die Umsätze auf dem globalen Schokoladenmarkt auf fast 100 Milliarden Euro im Jahr. Dabei wächst die Marktmacht der Großen, und die Konzentration nimmt zu. So bestimmen vier Süßwarenkonzerne weitgehend das Geschehen: Mondelez (USA), Mars (USA), Nestlé (Schweiz) und Ferrero (Italien).
Auf einen anderen Aspekt weist Bettina Rudloff von der Stiftung Wissenschaft und Politik hin: »Oftmals unterstützen Zertifizierungssysteme eher größere Farmsysteme und damit oft reichere oder genossenschaftliche Zusammenschlüsse.« Nur diese könnten an den kostspieligen Verfahren der Fairhandelsorganisationen überhaupt teilnehmen. »Kleine und landlose Landarbeiter haben oftmals keine Vorteile«, kritisiert die Agrar- und Handelsexpertin des Berliner Think-Tanks. Und diese Ärmsten der Armen seien in den Standards etwa zum Arbeitsschutz oftmals auch gar nicht vorgesehen.
»Bio« wäre für die Bauern besser, sagt DIW-Forscherin Naegele. Anders als das Fairtrade-System »greift das Bio-Siegel in die Produktionsart ein«. Man könne sich vorstellen, dass die gesamte weltweite Produktion bio-zertifiziert hergestellt wird und weltweit weniger Pestizide verwendet werden. Beim Fairen Handel funktioniere diese Logik nicht: Wenn aller Kakao fair gelabelt wäre und alle Konsumenten nur noch fairen Kakao konsumieren würden, dann wäre der faire Preis der normale Marktpreis. Mit Bio würde der Markt dagegen ausgetrickst, so die Hoffnung von Naegele. Der Anteil an der Wertschöpfungskette würde steigen. Derzeit betragen die Bruttoeinnahmen der Bäuerinnen und Bauern gerade mal sechs Prozent des Verkaufspreises eines Weihnachtsmannes in Deutschland, hat das Institut für Ökonomie und Ökumene Südwind errechnet. Verarbeiter und Vermahler kämen auf acht Prozent, Hersteller auf 35 Prozent und der Einzelhandel (einschließlich Steuern) auf 44 Prozent.
Den beiden Hauptproduktionsländern Elfenbeinküste und Ghana ist es bislang nicht gelungen, den Weltmarktpreis zu beeinflussen. Und eine einfache Umverteilung in der Wertschöpfungskette scheitere »am massiven Preiskampf« um Schokolade, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. »Dieser drückt die Margen vieler Unternehmen.«
Einen anderen Weg beschreitet das Start-up Fairafric, von der Bohne bis zur Tafel wird in Afrika produziert. Das bringt qualifizierte Arbeitsplätze vor Ort, und das Einkommen der Kakaobauern soll dadurch um das Fünffache steigen. In Deutschland ist die Fairafric-Schokolade im Internet und bei ausgewählten Händlern zu erhalten.
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