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- Paragraf 219a
Vormundschaftlicher Staat
Jana Frielinghaus über die Koalitionseinigung zur »Reform« von Paragraf 219a
Wieder einmal machen die Sozialdemokraten das Gegenteil von dem mit, was sie eigentlich durchsetzen wollten. Gefordert hatten sie die Streichung des Paragrafen 219a, nach dem »Werbung« für Schwangerschaftsabbrüche mit zwei Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Nun tragen sie eine Scheinreform der Regelung mit, die Ärztinnen und Ärzte kriminalisiert. Dabei könnten sie den Paragrafen im Bundestag gemeinsam mit der Opposition mühelos auf den Müllhaufen der Geschichte befördern. Das wären sie nicht nur den Medizinerinnen schuldig, sondern allen Frauen.
Die Sozialdemokraten haben selbst immer wieder betont, dass nicht nur die »Werbung«, sondern endlich auch der Eingriff selbst nicht mehr als »Straftat gegen das Leben« aufgeführt werden darf. Den Paragrafen 218 ff. liegt ein Frauenbild aus dem 19. Jahrhundert zugrunde: Das weibliche Wesen ist demnach nicht ganz zurechnungsfähig, irrlichternd in seinen Entscheidungen. Nach dieser Logik muss der Staat seinen Körper kontrollieren. Und selbst ernannte Lebensschützer nutzen insbesondere § 219a gezielt, um den Zugang von Frauen zu einem sicheren Abbruch immer weiter einzuschränken. Denn wegen der Drohung mit stigmatisierenden Strafanzeigen arbeiten immer mehr Ärzte fast klandestin - ober streichen den Eingriff gleich ganz aus ihrem Leistungskatalog.
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