Beschluss: US-Senat beschämt genug für Kriegsrückzug

Auch Republikaner stimmen für Resolution / Sanders: »Agenda nicht länger von despotischem Mörderregime in Saudi-Arabien bestimmen lassen«

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Am Ende hat doch die Vernunft gesiegt oder vielleicht war die Kungelei mit einem despotischen Regime zu offensichtlich. Der US-Senat hat sich mit zwei Beschlüssen frontal gegen den Kurs von Präsident Donald Trump zu Saudi-Arabien gestellt. In einer am Donnerstag verabschiedeten Resolution bezeichnete die von Trumps Republikanischer Partei beherrschte Kongresskammer den mächtigen Kronprinzen Mohammed bin Salman als »verantwortlich für den Mord« an dem Journalisten Jamal Khashoggi.

Trump stellt die Beteiligung des Thronfolgers an der Tötung Khashoggis infrage – und damit wohl auch die Erkenntnisse der CIA. Der US-Auslandsgeheimdienst geht laut Medienberichten mit »mittlerer bis hoher Sicherheit« davon aus, dass der Kronprinz die Tötung des regierungskritischen Journalisten Khashoggi am 2. Oktober im saudiarabischen Konsulat in Istanbul angeordnet hatte.

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Der Senat forderte zudem in einer anderen Resolution ein Ende der US-Unterstützung für den saudiarabischen Militäreinsatz im Bürgerkrieg im Jemen. Die USA lassen dem Königreich Geheimdienstinformationen zukommen und bilden Piloten aus.

Es ist das erste Mal, dass sich der Senat in der Außenpolitik derart klar gegen Trump positioniert. »Das ist ein wirklich großes Ding«, erklärte der demokratische Senator Chris Murphy. Er hatte »Resolution 54« zusammen mit Bernie Sanders vorangetrieben und versucht seit drei Jahren seine Kollegen davon zu überzeugen sich gegen die US-Beteiligung am Bürgerkrieg in Jemen zu stellen.

»Das ist das erste Mal seit der Passage des War Powers Gesetzes 1973 das der US-Kongress die Vereinigten Staaten aus einem Konflikt herausführt, der von einem Präsidenten begonnen wurde«, erklärte Murphy in einem Video auf Twitter. Der »War Powers Act« war nach und als Reaktion auf den Vietnamkrieg beschlossen worden. Er verbietet es dem US-Präsidenten, die Streitkräfte des Landes ohne eine Kriegserklärung des US-Kongresses in Kriege zu führen.

»85.000 verhungerte Kinder, 10.000 neue Cholera-Fälle jede Woche und eine drohende Hungerkrise, bei der Millionen sterben könnten: Wir werden uns nicht länger die Agenda von einem despotischen Mörderregime in Saudi-Arabien diktieren lassen«, erklärte Bernie Sanders nach der Verabschiedung der Resolution. Er dankte den Republikanern auch für die parteiübergreifende Zusammenarbeit. Etwas schnippischer äußerte sich Connecticuts Senator Chris Murphy. Mit »viel stupsen und beschämen« sei es gelungen die Senatoren dazu zu bewegen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Anderen Resolutionen des Senators zum Thema hatten in der Vergangenheit nur die Unterstützung von zwei Dutzend Senatoren gefunden.

Die jetzige Erklärung wurde mit 56 Ja- zu 41 Nein-Stimmen angenommen, auch einige Republikaner stimmten für sie. Derzeit haben die Republikaner aber eine Mehrheit von 51 zu 49 Senatoren. Die Resolution weist den Präsidenten an alle bewaffneten Kräfte, die in den Konflikt involviert sind innerhalb von 30 Tagen zurückzuziehen, außer sie kämpfen gegen Al Quaida.

Trump dagegen will an seiner engen Partnerschaft mit Saudi-Arabien festhalten. Er argumentiert dabei unter anderem mit den US-Rüstungsgeschäften. Die Trump-Regierung ist zudem mit dem Regime in Saudi-Arabien in einer gemeinsamen Front gegen Iran vereint, das im jemenitischen Bürgerkrieg die schiitischen Huthi-Rebellen unterstützt.

Die jetzt vom Senat verabschiedete Resolution zum Jemen-Konflikt bedarf allerdings noch der Verabschiedung durch das Repräsentantenhaus, das nicht vor Januar über sie beraten wird. Der noch amtierende Sprecher des »House«, Paul Ryan, hatte in den letzten Tagen eine Abstimmung über die Resolution verhindert.

Dafür gab es aus Republikaner-Sicht einen guten Grund. Beobachter hatten erwartet, auch einige Republikaner würden für die Resolution stimmen. Ab dem 3. Januar 2019 stellen jedoch die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Trump könnte dann aber ein Veto gegen die Resolution einlegen. Das könnte der Kongress nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit überstimmen. Die Resolution hat deswegen bisher vor allem symbolischen Charakter. mit AFP.

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