Leitern gegen rechte Mauerbau-Fans und Verschwörungstheoretiker

Eine satirische Spendenaktion sammelt Geld, um die Abschottung der USA gegen Migranten zu umgehen

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Kurz vor Weihnachten wollte Charlotte Clymer reagieren. Donald Trump hatte gerade mit seiner Weigerung, einem US-Haushalt ohne Geld für eine Grenzmauer zu Mexiko zuzustimmen, den »Shutdown« wichtiger Teile der US-Regierung erreicht. Derweil sammelte der rechte Verschwörungstheoretiker und Armee-Veteran Brian Kolfage auf der Spendenplattform GoFundMe unter dem Titel »Das Volk wird die Mauer bezahlen« Millionen US-Dollar Spenden ein, um den Mauerbau einfach selbst zu finanzieren.

Clymer ist ebenfalls Armee-Veteranin – und stolze queere Aktivistin. Sie wollte dem Spendenaufruf von Kolfage etwas entgegenhalten und tat dies mit beißendem Spott und einer Satire-Aktion, die mittlerweile ziemlich viel Geld eingesammelt hat. »Willkommen bei der Koalition der Erwachsenen«, heißt es auf dem GoFundMe-Projekt, das die Mitarbeiterin der LBQT-Organisation »Human Rights Campaign« eingerichtet hat. Der Titel des Projektes: »Leitern, um über Trumps Mauer zu kommen«. Man habe gesehen, dass »einige Menschen Geld sammeln, um unsere migrantischen Freunde und Mitmenschen, die vor Gewalt und Verfolgung fliehen, und die dann unterbezahlt die Wirtschaft am Laufen halten, aus dem Land zu halten«, heißt es in der Projekt-Beschreibung. Das sei »eine schlechte Idee, und zwar in vielerlei Hinsicht«. Deswegen werde man Spenden für Leitern sammeln, um so »unseren Freunden ohne Papiere« zu helfen.

Dann erklärt Clymer und ein weiterer Twitter-Nutzer, der die Idee mitentwickelte, das nur wenig Geld investiert werden müsse, um die von Trump und seiner Basis gewünschte Abschottung zu umgehen. Laut einem internen Bericht des US-Heimatschutzministeriums würde ein Mauerbau an der rund 2000 Meilen langen Grenze zu Mexiko Kosten in Höhe von 21 Milliarden US-Dollar verursachen (andere Schätzungen variieren zwischen 5 und 70 Milliarden). Wenn Kolfage und die Fans der Mauer jeden Tag etwa 1,7 Millionen US-Dollar sammeln würden, bräuchten sie etwa 35 Jahre, um das Projekt selbst zu finanzieren, so Clymer. Dagegen sei eine Investition in Leitern deutlich günstiger.

Am Ende ihres GoFundMe-Projektes verraten die Aktivisten den Spendern auch ihr eigentliche Ziel. Sollte das Spendenziel von 100 Millionen US-Dollar nicht erreicht werden, werde das Geld an Raices Texas gespendet. Die Rechtshilfeorganisation berät und hilft Migranten sowie Flüchtlingen in Texas beim Umgang mit den US-Behörden.

Mittlerweile haben Clymer und ihre Helfer 153.000 US-Dollar gesammelt. Am zweiten Weihnachtsfeiertag spendeten offenbar auch die Mitarbeiter von GoFundMe selbst. Die hätten einen Betrag von 1000 US-Dollar für das Projekt bereitgestellt, verkündete Clymer per Screenshot auf Twitter. Unterstützung erhielt die Kampagne auch von den Gründern der Aktivistenorganisation »Indivisible«. Dafür registrierten sie die Homepage www.gofundthewall.net – eine Abwandlung des Titels des rechten Spendenprojektes. Doch die Website fordert ihre Besucher auf, Flüchtlingen zu helfen und verlinkt auch auf das Projekt von Clymer.

Das rechte Spendenprojekt »We The People Will Fund The Wall« sammelte in den letzten elf Tagen 17,4 Millionen US-Dollar ein. Initiator Brian Kolfage präsentiert sich gegenüber seinen Unterstützern als patriotischer Amerikaner, der bei Kampfeinsätzen drei Gliedmaßen verlor - und als Familienmensch. Ein Foto auf der Spendenseite zeigt ihn im Rollstuhl mit Frau und Kind. Da die Demokraten »lieber Trump scheitern sehen wollen, als Amerika erfolgreich zu machen«, müssten nun seine Landsleute einspringen. Wenn die 63 Millionen Amerikaner, die Trump gewählt haben, 80 Dollar spenden, könne man die Mauer selber bauen, behauptet Kolfage.

Man könne ihm vertrauen, schreibt Kolfage, er sei »schon oft bei Fox News aufgetreten«. Er ermahnt seine Spender, sich Informationen über ihn einzuholen und vor der Spende zu »recherchieren«. Das taten auch die Journalisten von NBC News. Das Ergebnis: Bis Oktober war Kolfage Betreiber der Facebook-Seite »Right Wing News«. Dann schloss das soziale Netzwerk seine Seite und andere Profile. Schon vorher hatte er Seiten betrieben, die Verschwörungstheorien über Hillary Clinton und vermeintlichen Wahlbetrug bei der Präsidentschaftswahl 2016 verbreiteten. Mittels Fake-Profilen und Verlinkungen hatten Kolfage und die Betreiber von 559 anderen Seiten künstlich »Traffic auf ihre Webseiten gelenkt und Menschen vorgetäuscht, ihre Seiten seien legitime Foren politischer Debatten«, erklärte Facebook.

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