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Elf Tage Hoffnung

Die European Championships waren ein großer Erfolg.

Es war wirklich nicht einfach, Unzufriedene zu finden. Ralf Holtmeyer war einer der wenigen. Und er suchte die Schuld auch gleich bei sich. »Wir haben die Außenwirkung diese Formats unterschätzt. Wenn wir gewusst hätten, wie groß das Interesse der Öffentlichkeit ist, hätten wir unser bestes Team nominiert«, sagte der Chefbundestrainer der deutschen Ruderer. Er sprach über die European Championships, die vom 2. bis 12. August in Berlin und Glasgow ausgetragen wurden. Sieben Europameisterschaften in olympischen Sommersportarten - neben Rudern noch Leichtathletik, Schwimmen, Radsport, Turnen, Triathlon und Golf.

Die Idee dazu hatten Marc Jörg und Paul Bristow vor sieben Jahren. Beide kommen ursprünglich vom Fußball. Der Schweizer Jörg arbeitete sieben Jahre lang bei Europas Dachverband UEFA, der Brite Bristow für die Sportmarketingagentur Team mit dem Schwerpunkt Champions League. Beiden wurde es irgendwann langweilig - mit der sportlichen Monokultur im Fernsehen. Und so entwickelten sie zusammen mit der European Broadcasting Union, dem Dach der europäischen öffentlich-rechtlichen Sender, ein Format, das ein ernstzunehmendes Gegengewicht zum Fußball darstellen sollte. Nach der Premiere der European Championships waren beide glücklich. »Es ist, als seien die traditionellen Sportarten neu entdeckt worden«, sagte Jörg. Bristow erklärte: »Die TV-Maßstäbe sind in allen Ländern übertroffen worden.«

2800 Stunden Liveberichterstattung auf 43 Sendern - ganz Europa saß zusammen vor den Bildschirmen. Dazu gab es noch unzählige Livestreams im Internet. In Deutschland berichteten ARD und ZDF mehr als 100 Stunden live und hatten dabei einen durchschnittlichen Marktanteil von 15,6 Prozent. »Mehr als 43 Millionen Zuschauer haben mindestens eine Übertragung der European Championships gesehen. Und auch die jungen Zuschauer haben sich überdurchschnittlich dafür interessiert«, bilanzierte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky stolz. Sein ZDF-Kollege Thomas Fuhrmann ergänzte: »Wir haben der Vielfalt des Sports eine Bühne gegeben.« In der Programmkoordination war der Wintersport ein Vorbild. Durch die Übertragungsabstimmung garantierte das Format Spannung, Finals verschiedener Sportarten wechselten einander ab. »Die Marktanteile der einzelnen Sportarten haben sich teilweise verdoppelt«, sagte Balkausky.

Das Ziel, mit größerer Fernsehpräsenz verloren gegangene Aufmerksamkeit zurückzuerobern, ist mit der Premiere der European Championships teilweise aufgegangen. Basis dafür war aber auch die Arbeit in den Gastgeberstädten Berlin und Glasgow. Mehr als 400 000 Zuschauer haben die Wettkampfstätten besucht. Atmosphäre und größere Wahrnehmung begeisterten wiederum die Sportler: rund 4000 Athleten aus 52 Ländern bei 188 Medaillenentscheidungen. »Unsere Sportart hat in diesem Jahr einen kleinen Achtungserfolg gegen die Großmacht Fußball errungen«, sprach Zehnkämpfer Arthur Abele für die Leichtathleten. Seinen EM-Titel konnte er im Berliner Olympiastadion feiern - mit begeisterten Fans. Weil die Organisatoren auch hier das Wettkampfformat spannender gestaltet haben - mit kompakten Finalabenden. In Glasgow erlebten die Aktiven aus sechs Sportarten ein Gefühl von Mini-Olympia. Schwimmer Jacob Heidtmann beschrieb es so: »Aus dem Hotelzimmer konnten wir die Radfahrer durch die Stadt fahren sehen, das ist schon cool.«

Gedacht war die Ausrichtung der European Championships eigentlich an einem Ort, was aufgrund der späten Ausschreibung und der früheren Vergabe der Leichtathletik-EM diesmal aber nicht möglich war. 2022 soll es so sein. Und für die zweite Auflage des Erfolgsmodells gibt es schon mehr als zehn Bewerber. Aus Deutschland bekundeten Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und die Rhein-Ruhr-Region Interesse.

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