Pfeile gegen Links

Über zyklische Linksaussteiger-Programme

  • Paula Irmschler
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wisst ihr noch, wie wir aus der Antifa ausgetreten sind, weil eine Studentin auf einem Plakat gefragt hat ›All die Wut‹«? So werden sich meine Freunde irgendwann an den aktuellen Deutschlandspaß erinnern, schätze ich. Ich habe mir jedenfalls fast eingemacht, als ich dieses Bild des Innenministeriums von NRW auf Twitter sah. Gemeinsam mit der RWTH Aachen wurden nämlich »die 3 besten Kampagnenentwürfe f. d. Aussteigerprogramm ›left‹ prämiert«. Aber es wird noch geiler: »Die Idee, durch eine andere Brille auf das Problem Linksextremismus zu schauen, hat sich gelohnt. Die Studenten haben innovative Konzepte entwickelt & diese kreativ umgesetzt«, resümiert da Innenminister Herbert Reul. Das hässlichste Design hat dann auch gewonnen. Im Memegenerator-Style, der bis vor fünf Jahren im Internet angesagt war, wurde mit der Schrift Impact auf ein Bild der G20-Proteste draufgeschrieben »WIR SIND FRIEDLICH, WAS SEID IHR?« Der »Clou«: Das »WIR« ist grün, weil die Rettung naht, und das »IHR« ist rot, weil es da um die schlechten Linken geht. Das »left«-Logo links unten hat dementsprechend auch einen grünen Pfeil, der nach rechts zeigt, denn dahin soll man abhauen, wenn man nicht mehr links sein will.

Irgendwelche Linksaussteiger-Programme gibt es alle Jubeljahre, ob als Idee oder tatsächlich. Aber immer als Witz. Man könnte nun sehr viel Inhaltliches beitragen, darüber, wieso es absolut lächerlich ist, gegen »Linksextremismus« aktiv zu werden, während sich aus allen möglichen Behörden die Skandalmeldungen über rechte Mitglieder überschlagen, von welcher Unkenntnis über linke Szenen es zeugt zu glauben, es brauche ein Aussteigerprogramm für Menschen, die dort nicht mehr aktiv sein wollen, und welche ekelhafte Relativierung es ist, Ökos im Hambacher Forst mit mordenden oder morden wollenden Nazis und Islamisten gleichzusetzen. Aber Tatsache ist: Ich komme vor allem nicht über diese Layoutkatastrophen hinweg. Es erinnert mich an einen ehemaligen Dozenten in der Politikwissenschaft, dessen Seminar ich einmal und nie wieder besuchte: In der ersten Einheit malte er das ominöse Hufeisen an die Tafel, um gleich klarzumachen, dass ja Links und Rechts ähnliche Abweichungen einer geilen Mitte sind und er nicht zeichnen kann.

Diese ganze infantile Performance von Demokratieextremisten, die unter Radikalität Dummheit verstehen und dementsprechend mit ihren Feinden umgehen, ist eine Kapitulation - sich mit linken Positionen nicht beschäftigen müssen, rechte verharmlosen. In der Mitte die rationalen Erwachsenen, links und rechts die albernen Kinder, die man mit peinlichen Plakaten bekämpfen kann. Der Gewinner des Wettbewerbs ist übrigens Mitglied der Burschenschaft »Teutonia Aachen«. Klar. Denn der Kampf gegen Links zeigt immer mit einem Pfeil nach rechts.

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