- Politik
- Luigi de Magistris
Rebellischer Bürgermeister
Luigi de Magistris will Flüchtlinge aufnehmen - gegen den Willen des italienischen Innenministers
Der Schreibtisch von Neapels Bürgermeister Luigi de Magistris gleicht einem Kuriositätenkabinett. Ein porzellanener Schrumpfkopf steht neben einem Miniatur-Weihnachtsbaum an dem ein Plüsch-Koala gerade die australische Flagge hisst. Mitten im Plunder thront ein Buch über den italienischen »Mafia-Jäger« Paolo Borsellino. Der Einband ist den Besuchern zugewandt.
Von diesem Ort verkündete Magistris per Videobotschaft seine Rebellion gegen den momentan vielleicht mächtigsten Politiker Italiens. Neapel ist bereit, Innenminister Matteo Salvini zu trotzen und ein Schiff der Hilfsorganisation Sea-Watch in seinen Hafen einlaufen zu lassen. Die Crew hatte kurz vor Weihnachten 32 Flüchtlinge von einem in Seenot geratenen Holzboot aufgenommen. Sowohl Italien wie auch Malta weigerten sich, die Menschen an Land zu nehmen.
Bürgermeister Magistris warf Salvini vor, er spiele mit dieser Haltung mit dem Leben von Menschen. »Menschen und Kinder inmitten kalter und stürmischer Meere zurückzulassen, ist nicht nur unanständig, unmoralisch und entsetzlich, es ist auch ein Verbrechen«, sagte Magistris. Und handelte.
»Die Besorgnis um den Zustand der Menschen, die ihr dem Meer entrissen habt, drängt mich, sie im Namen der Stadt Neapel einzuladen, ihren Bug in Richtung unseres Hafens zu richten«, schrieb er in seinem Brief an die Crew des Rettungsschiffes. »Sollten die Anmaßungen des Ministers Salvini dazu führen, dass sie nicht in den Hafen einfahren können, stehen 20 Boote bereit, um die Menschen trotzdem in die Stadt und damit in Sicherheit zu bringen«, schrieb er weiter und gab sich feldmännisch: »Ich werde der Erste sein, der die Rettung anführt.«
Als kompromisslos gilt Luigi de Magistris schon lange. Als Staatsanwalt wurde er durch mehrere Korruptionsermittlungen bekannt. Dabei wurde er von mehreren Fällen abgezogen, weil ihm vorgeworfen wurde, die Namen von prominenten Verdächtigten, darunter ein Senator der Berlusconi-Partei Forza Italia, durchgestochen zu haben. Magistris war wohl schon immer mehr Politiker als Staatsanwalt. Fabian Hillebrand
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.