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  • Deutsche Wohnen enteignen

Enteignung ist mehrheitsfähig

Umfrage: Knapp 55 Prozent der Berliner für Rekommunalisierung von Wohnungskonzernen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Konzern Deutsche Wohnen hat seinen Kredit bei der Berliner Bevölkerung verspielt. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des »Tagesspiegel« finden es 54,8 Prozent der Hauptstädter richtig, »dass es Bestrebungen gibt, Großvermieter gegen Entschädigung zu enteignen«. 2535 Menschen nahmen an der vom Meinungsforschungsinstitut Civey durchgeführten Umfrage teil.

Besonders hoch ist die Zustimmung bei LINKEN-Anhängern mit über 84 Prozent, es folgen SPD (knapp 73 Prozent) und Grüne (knapp 69 Prozent Zustimmung). Bei Anhängern von CDU, FDP und AfD sind zwischen 34 und knapp 40 Prozent für eine Enteignung.

Über 58 Prozent der Befragten mit niedrigem oder sehr niedrigem Einkommen wollen eine Rekommunalisierung von Großvermietern, selbst Menschen mit hohem Einkommen sprechen sich mit knapp 55 Prozent dafür aus. Nur bei Personen mit sehr hohem Einkommen wird mit 47 Prozent die absolute Mehrheit verfehlt, allerdings gibt es sogar in dieser Gruppe eine relative Mehrheit, denn gegen eine Enteignung sprechen sich nur knapp 42 Prozent aus, rund elf Prozent sind nämlich unentschieden.

Damit hat die Initiative »Deutsche Wohnen und Co enteignen« ungeahnten Rückenwind. Sie bereitet ein Volksbegehren vor, demnach Immobilienkonzerne mit einem Bestand von über 3000 Wohnungen in Berlin enteignet werden sollen. »Ich hätte nicht erwartet, dass in einer so frühen Phase die Stimmung so eindeutig ist«, freut sich Rouzbeh Taheri, der Sprecher der Initiative ist, über die Mehrheitsmeinung. Derzeit liegt der Beschlusstext bei der Senatsinnenverwaltung, die eine amtliche Kostenschätzung durchführen muss. Mit der Sammlung der nötigen 20 000 Unterschriften für die erste Phase, den Antrag auf ein Volksbegehren, soll im Frühjahr begonnen werden.

Bleibt die Kostenfrage, allein die Deutsche Wohnen hat derzeit einen Aktienwert von knapp 15 Milliarden Euro. Zwei Drittel ihrer rund 160 000 Wohnungen liegen in Berlin. Der Konzern Vonovia hat rund 40 000 Wohnungen in der Hauptstadt, Akelius knapp 10 000 Wohneinheiten.

»Bei Anwendung des Artikels 15 des Grundgesetzes wird die Entschädigung auf jeden Fall unter Marktwert bleiben«, versichert Taheri. »Selbst Juristen, die gegen die Anwendung sind, sehen das so«, so Taheri weiter. Eine Möglichkeit zur Ermittlung der Entschädigung wäre der Ertragswert. Dabei wird auf Basis der konkreten Mieten berechnet, wie viel die Liegenschaft über einen Zeitraum von beispielsweise 25 Jahren abwirft.

»Die große Zustimmung zur Enteignung zeigt, wo die Menschen der Stadt der Schuh drückt«, sagt LINKE-Landesvorsitzende Katina Schubert. Die Sozialisten hatten bei ihrem Parteitag im Dezember beschlossen, das Volksbegehren zu unterstützen. »Die Menschen sind offensichtlich bereit, sich zu wehren. Das ermutigt uns, den Weg weiter zu gehen«, erklärt Schubert.

Lesen sie auch: Sehnsucht nach der Gewobag. Mieter der Karl-Marx-Alle unterzeichnen Vollmachten gegen die Deutsche Wohnen von Nicolas Šustr

Als »Notwehr« gegen die Praktiken der Wohnungsunternehmen bezeichnet Katrin Schmidberger das Volksbegehren. Sie ist Mietenexpertin der Grünen im Abgeordnetenhaus. »Dass die Mehrheit der Berliner*innen sich für die Enteignung solcher Wohnungsunternehmen ausspricht, sollte die Deutsche Wohnen zum Anlass nehmen, ihre perfide Geschäftspolitik umzustellen und zwar endlich für und nicht gegen ihre Mieter*innen«, so Schmidberger weiter.

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