- Berlin
- Räumung eines Obdachlosenlagers
Polizeieinsatz hat Nachspiel im Ausschuss
Vorgehen der Einsatzkräfte bei einer Räumung eines Obdachlosencamps steht in der Kritik
Das Video wirkt verstörend. Es zeigt, wie eine Person mit einem weißen, sackähnlichen Tuch auf einer Parkbank sitzt. Sie ist umstellt von sechs Polizisten, offenbar an den Händen gefesselt. Der Einsatz soll sich laut der »taz«, die zuerst darüber berichtete, bereits am 9. Januar gegen eine Obdachlose gerichtet haben, deren Camp in der Nähe des Hauptbahnhofs damals vom Ordnungsamt des Bezirks Mitte unter Amtshilfe von Polizei und Stadtreinigung BSR geräumt worden war. Eine Passantin hatte die Szene beobachtet.
Die Linksfraktion fordert nun, an diesem Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses über den Polizeieinsatz aufgeklärt zu werden. »Wir haben dazu einen Besprechungspunkt unter dem Tagesordnungspunkt ›Besondere Vorkommnisse‹ angemeldet«, sagt der Abgeordnete Niklas Schrader dem »nd«. Es gehe um die Frage, ob es keine Alternative zu diesem rabiaten Vorgehen der Polizisten gegeben habe? »Natürlich müssen sich die Polizisten schützen, das stellt keiner infrage«, sagt Schrader. »Aber vielleicht gibt es verhältnismäßigere Mittel, als von hinten plötzlich einen Sack über den Kopf zu ziehen?«
Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) hatte allen Einsatzkräften nach der Räumung noch in einer Pressemitteilung für »ihr umsichtiges und engagiertes Handeln zur Wiederherstellung akzeptabler Zustände auch an diesem Ort seinen Dank ausgesprochen«. Das Bild von der fixierten Frau bestürze ihn, sagte von Dassel jüngst der »taz«.
Ein Polizeisprecher erklärte am Sonntag, dass die Frau sich »gewehrt und gespuckt« haben soll und dass die Beamten »einen starken Läusebefall« festgestellt hätten. »Darauf haben sich die Einsatzkräfte entschieden, dieses Tuch anzulegen«, so der Sprecher.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.