- Politik
- EU-Mission »Sophia«
Verantwortungsloser Rückzug
Fabian Hillebrand über den deutschen Rückzug aus der EU-Mission »Sophia«
Geflüchtete aus Seenot zu retten könnte einfach sein: Ihre Boote sind per Radar zu orten und sie verfügen über Satellitentelefone, mit denen sie Notrufe absetzen können. »Es ist eine Frage des Wollens«, wie der Bundestagsabgeordnete Michel Brandt jüngst feststellte. Die Bundesregierung will nicht: Die Marine wird kein neues Schiff zur Unterstützung von »Sophia« ins Mittelmeer schicken. Die EU-Mission hat den Auftrag, Schleuser zu bekämpfen und Geflüchtete in Seenot zu retten. So wichtig die Anliegen, so dünn die Erfolge: Die Schiffe der Mission fuhren zu weit von der libyschen Küste entfernt, um Schleuser auch nur mit dem Fernglas zu sichten. Zweck des Einsatzes ist längst ein anderer: Die Marine beteiligt sich seit 2016 an der Ausbildung libyscher Milizen, mit dem Ziel, Menschen an der Überfahrt zu hindern. Das Bundeswehrmandat wurde ein weiterer Mauerstein in der Festung Europas.
Lesen Sie dazu ausführlich: Humanität am Ende. Bundesregierung setzt Operation »Sophia« aus, die Marine ist zufrieden und konzentriert sich vorerst wieder auf die Ostsee
Und trotzdem: Auch wenn die Rettung von Geflüchteten für die deutsche Marine allerhöchstens lästiger Beifang war und die Zahl der Geretteten zuletzt durch den Druck der rechten Regierung in Italien massiv sank- 2018 wurden nur noch 2769 Menschen aus Seenot gerettet, im Vorjahr waren es mit 12 830 fast fünfmal so viele Menschen -, der Rückzug von »Sophia« wird zu noch mehr Toten auf dem Mittelmeer führen. Deshalb muss die Bundesregierung den Einsatz dringend durch eine staatliche zivile Rettungsmission ersetzen. Die Migration über die gefährliche Mittelmeerroute hört schließlich nicht auf, nur weil Europa sich streitet.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.