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Ramelow will Gespräche zur Asylpolitik ohne Tabus
Thüringens Ministerpräsident bezeichnet die Ausweitung der Zahl der »sicheren Herkunftsländer« als »Symbolpolitik«
Erfurt. Im Streit um weitere sogenannte sichere Herkunftsländer hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) Verhandlungsbereitschaft signalisiert. »Wer Tabus aufstellt, braucht gar nicht mit Gesprächen anfangen«, sagte Ramelow der »Thüringer Allgemeinen« (Dienstag). Dies gelte auch für die Frage, ob es schnelle Verfahren für Asylbewerber aus den Maghreb-Staaten und Georgien geben sollte. Eine Beratung dieses Themas war am Freitag im Bundesrat auf Antrag Thüringens von der Tagesordnung der Länderkammer genommen worden.
»Ich werde nicht vor Verhandlungen sagen, worüber ich nicht verhandeln will«, erklärte der Regierungschef, der einem rot-rot-grünen Kabinett vorsteht. Gleichzeitig bezeichnete er jedoch die Ausweitung der Zahl der »sicheren Herkunftsländer« als »Symbolpolitik«, die keine Probleme löse. Für die Maghreb-Staaten und Georgien hat der Bundestag mit der Mehrheit von CDU und SPD bereits einen entsprechenden Beschluss gefasst. Im Bundesrat scheiterte er bisher am Widerstand der in neun Ländern mitregierenden Bündnisgrünen.
Ramelow sprach sich für eine grundlegende Reform des Asylrechts aus. »Die wichtigste Frage ist, wie wir die Menschen, die hier sind oder zu uns kommen, rasch in Arbeit bringen«, sagte er der Zeitung. Bisher verhindere das Asylverfahren regelrecht den Zugang zum Arbeitsmarkt. So könne jemand, der einen Asylantrag gestellt hat, ihn nicht zurücknehmen und dafür eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten.
Laut dem Ministerpräsidenten ist insbesondere Thüringen auf Migranten dringend angewiesen. Dem Land fehlten bis zum Jahr 2025 rund 340.000 Fachkräfte. Das bedeute, 20.000 bis 30.000 neue Arbeitnehmer im Jahr, sagte Ramelow. Schon jetzt werde das Beschäftigungswachstum im Freistaat fast allein durch Zuwanderung getragen.
Gleichzeitig lehnte Ramelow aber illegale Zuwanderung ab. Niemand wolle »eine solche unkontrollierte Flüchtlingssituation« wie im Herbst 2015 wieder haben, sagte er. »Wir brauchen neben dem Grundrecht auf politisches Asyl die geordnete Einwanderung.« Zudem werde ein anderer, pragmatischer Umgang mit den Geflüchteten, die bereits im Land sind, benötigt. »Über all diese Fragen müssen wir jetzt verhandeln«, so der Linkenpolitiker.
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