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Rechte Burschenschaft in Jena steht vor der vorläufigen Auflösung
»Normannia zu Jena« beendet »ihr aktives Dasein mit dem Schritt in die Vertagung« / König-Preuss: Neonazistische Ideologie lebt in anderen Strukturen weiter
Jena. Die unter anderem von den Thüringer Sicherheitsbehörden als rechtsextrem eingestufte Burschenschaft »Normannia zu Jena« will sich an diesem Wochenende offenbar defacto auflösen, zumindest vorläufig. In einer Einladung der Burschenschaft zum diesjährigen Stiftungsfest der Studentenverbindung in Kahla und Jena heißt es, die Normannia beende »ihr aktives Dasein mit dem Schritt in die Vertagung«. Weil dieser Schritt wohlüberlegt sein müsse, sei es »die Pflicht eines jeden Bundesbruders, zur Bundesversammlung zu erscheinen und sich auf die Thematik vorzubereiten«. Wer der Burschenschaft noch Geld schulde und als Barzahler auftrete, müsse seine Außenstände auf dem Fest begleichen, »damit in diesem empfindlichen Bereich absolute Klarheit herrscht«. Die Einladung liegt dem »nd« vor. Das Stiftungsfest soll von Freitag bis Sonntag dauern.
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Studentenverbindungen »vertagen« sich oder gehen »in die Vertagung«, wenn sie ihre gewöhnlichen Aktivitäten einstellen, also das Verbindungsleben tatsächlich eingestellt wird. Formal bleiben sie allerdings weiterhin bestehen, sodass sie später wieder reaktiviert werden können. Mehrere deutsche Burschenschaften vertagten sich zum Beispiel während des Ersten Weltkrieges, als viele ihrer Mitglieder an der Front kämpften. Nach Ende des Krieges nahmen sie ihren Betrieb oft wieder auf. Auch in den folgenden Jahrzehnten gingen Burschenschaften aus verschiedenen Gründen immer wieder in die Vertagung. Manche von ihnen wurden bis heute nicht wieder reaktiviert.
Die »Normannia zu Jena« ist nach in der Vergangenheit öffentlich gewordenen Informationen die einzige Burschenschaft im Freistaat, die von den Thüringer Sicherheitsbehörden beobachtet wird. In der Antwort des Thüringer Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Katharina König-Preuss aus dem vergangenen Jahr hieß es, die Anzahl der aktiven Mitglieder der Verbindung bewege sich vermutlich im unteren zweistelligen Bereich. Die Burschenschaft veranstalte regelmäßig Kneipentreffen, Vortragsabende, Seminare, gemeinsame Ausflüge und Reisen sowie gelegentlich Mensurtage.
Auf der Facebookseite der Burschenschaft wird deutlich, welchen Charakter solche Veranstaltungen regelmäßig haben. So sind dort beispielsweise zwei kurze Video zu sehen, in denen alte Männer auf Normannia-Veranstaltungen von ihren Erinnerungen an ihre Zeit als deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg erzählen. Einer der beiden Männer lobt dabei die Waffen-SS überschwänglich als Elitetruppe. Nach dem Krieg seien diese Männer zu Unrecht verfolgt worden. »Für ihren selbstlosen Einsatz haben sie keinen Dank geerntet«, sagt der Mann in dem Video.
Nach Angaben von König-Preuss pflegte die Burschenschaft ihrer Gründung 1999 enge Kontakte zum rechtsextremen Thüringer Heimatschutz und zur Neonaziszene in der Region Jena. Mitglieder der Normannia seien immer auch aktive Neonazis gewesen, sagt sie. Zu ihnen habe auch ein Rechtsextremer gehört, der »eine Hymne« auf das untergetauchte NSU-Kerntrio geschrieben habe. Auch der vom Oberlandesgericht München als NSU-Unterstützer verurteilte Ralf Wohlleben habe in der Vergangenheit an Treffen der Normannia teilgenommen.
Dafür, dass sich die Burschenschaft nun offenbar faktisch auflösen will, hat König-Preuss eine einfache Erklärung: »Ihre Themen und Aktivitäten werden längst durch andere Strukturen wie beispielsweise die Identitären Bewegung, Ein Prozent sowie die AfD wahrgenommen«, sagt König-Preuss. Mitglieder der Normannia Jena hätten sich diesen Strukturen inzwischen angeschlossen. »Die Organisation mag sich auflösen, ihre neonazistische Ideologie und damit verbundene Gefährdung wird in anderen, mittlerweile relevanteren Strukturen weiter ausgeübt.«
Der Thüringer Verfassungsschutz hat nach eigenen Angaben keine Hinweise darauf, dass die »Normannia zu Jena« kurz vor ihrer faktischen Auflösung steht. Allerdings bestätigt eine Sprecherin des Nachrichtendienstes, dass die Burschenschaft derzeit die »einzige als rechtsextremistisch klassifizierte Burschenschaft in Thüringen« ist, die als solche vom Verfassungsschutz beobachtet wird – auch wenn sie seit Jahren nicht mehr im Verfassungsschutzbericht auftaucht.
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