Ver.di droht mit Eskalation

Kurz vor der nächsten Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder erhöhen Gewerkschaften den Druck

Vor der dritten Verhandlungsrunde im Tarifstreit des öffentlichen Diensts erhöhen die Gewerkschaften mit flächendeckenden Warnstreiks in mehreren Bundesländern den Druck. Vor allem in Norddeutschland legten Beschäftigte am Montag ganztägig die Arbeit nieder, Hamburger Behörden sowie die Landesverwaltung in Schleswig-Holstein blieben geschlossen. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di zogen mindestens 4000 Warnstreikende in einem Protestmarsch durch die Innenstadt.

Streiks gab es außerdem in Nordrhein-Westfalen und Thüringen, wo das Personal von Universitätskliniken und Bildungseinrichtungen protestierte. Auch in Baden-Württemberg fanden Warnstreiks statt. An einer Demonstration in Stuttgart beteiligten sich rund 1200 Menschen, darunter Mitarbeiter von Universitäten, Regierungspräsidien, Autobahnmeistereien, Kultureinrichtungen und Psychiatrien.

Die Gewerkschaften wollen sechs Prozent mehr Lohn, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat für die über 800 000 direkt betroffenen Angestellten der Länder erreichen. In der Pflege wird zusätzlich die Anhebung der Werte der sogenannten Pflegetabelle um 300 Euro gefordert. Das soll den öffentlichen Dienst attraktiver machen, gerade in »Engpassbereichen wie Pflege und IT«. Zudem sollen damit die Einkommen der Landesbeschäftigten an die der Kollegen in Bund und Ländern angeglichen werden. Die Tarifverhandlungen sollen am Donnerstag und Freitag in Potsdam fortgesetzt werden.

Bis dahin soll die Warnstreikwelle durch verschiedene Bundesländer rollen, am Dienstag sind Nordrhein-Westfalen, Bayern und Berlin an der Reihe. Allein in der Hauptstadt könnte dies erneute Arbeitsniederlegungen von Tausenden Erziehern, Sozialarbeitern und Lehrern zur Folge haben. Sie waren bereits in den vergangenen Wochen für einen halben oder ganzen Tag im Ausstand. In Berlin blieben dadurch beispielsweise an einem Tag über 100 Kitas geschlossen.

Mit den massiven Warnstreiks reagieren die Beschäftigten auf die bislang strikte Haltung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, der sämtliche Bundesländer außer Hessen angehören. Die Arbeitgeber halten die Lohnforderungen für überzogen und legten bislang kein Angebot vor.

Besonderen Ärger ruft ihr Ziel hervor, das Tarifergebnis »kostenneutral« zu gestalten. Das bedeute, schimpfen die Gewerkschaften, die Beschäftigten sollen die Lohnerhöhung einzelner Gruppen durch Verzicht von anderen selber finanzieren. »Die Länder haben in ihren Haushalten zuletzt Milliardenüberschüsse gemacht. Das Geld für eine gute Einigung wäre da«, erklärt ver.di-Chef Frank Bsirske. Der Verhandlungsführer der Gewerkschaften droht deshalb mit einer Zuspitzung des Konflikts. »Ich schließe im Moment auch eine Eskalation nicht aus«, sagte Bsirske am Montag. Beide Seiten lägen weit auseinander.

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