- Politik
- Proteste in Frankreich
Polizeigewalt gegen Gelbwesten in der Kritik
Europarats-Expertin sieht Menschenrechte in Gefahr / Verbot von Hartgummigeschossen gefordert
Straßburg. Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hat das Vorgehen der französischen Sicherheitskräfte gegen »Gelbwesten«-Demonstranten scharf kritisiert. Angesichts vieler Verletzter forderte sie ein vorläufiges Verbot von Hartgummigeschossen. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht hervor.
Es sei fraglich, ob die von den Sicherheitskräften eingesetzten Methoden im Einklang mit den Menschenrechten stünden, heißt es. Die französischen Behörden sollten detaillierte Zahlen zu Verletzten vorlegen. Mijatovic war Ende Januar zu Besuch in Paris, um sich über mögliche Menschenrechtsverletzungen bei den Protesten zu informieren.
Lesen Sie auch den Hintergrund-Artikel über die Polizeigewalt: Kopftreffer
Seit Beginn der Demonstrationen Mitte November wurden in Frankreich mindestens 2060 »Gelbwesten«-Anhänger verletzt, wie es in dem Papier unter Berufung auf Zahlen des Innenministeriums heißt. Mehr als 12 000 Mal hätten Sicherheitskräfte Hartgummigeschosse abgefeuert. Zahlreiche Demonstranten waren schwer verletzt worden. Medienberichten zufolge verloren mehrere Menschen ein Auge oder erlitten Knochenbrüche im Gesicht.
Besorgt zeigte sich Mijatovic auch über die hohe Anzahl Festnahmen am Rande der »Gelbwesten«-Demonstrationen. So nähmen die Sicherheitskräfte regelmäßig Menschen fest, die sich gar keines Vergehens schuldig gemacht hätten. Solche Präventivmaßnahmen stellten einen schweren Eingriff in das Versammlungsrecht dar.
Kritik äußerte die Menschenrechtlerin zudem an geplanten Änderungen französischer Gesetze. Sie mahnte, auch künftig nicht als Straftat zu ahnden, wenn Demonstranten ihr Gesicht verhüllten. Außerdem sollten die Behörden keine weiteren Möglichkeiten bekommen, Demonstrationen zu verbieten.
Die Protestbewegung der »Gelbwesten« demonstriert seit dem 17. November 2018 jedes Wochenende unter anderem gegen die Politik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und hat damit die größte Krise in dessen Amtszeit ausgelöst. dpa/nd
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.