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  • Die Schule auf dem Zauberberg

Leistung statt Unzucht

Der Film »Die Schule auf dem Zauberberg« porträtiert ein teures Internat in der Schweiz

  • Jörn Schulz
  • Lesedauer: 4 Min.

Wer Barron Trump bei der Amtseinführung seines Vaters Donald beobachtet hat und nicht gänzlich herzlos ist, musste Mitleid mit dem Jungen empfinden. Man ahnt, dass er eher früher als später die besten Drogen und Therapeuten brauchen wird, die die USA zu bieten haben - immerhin wird er sie sich leisten können. Dass Kinder reicher Leute es auch nicht leicht haben, insbesondere wenn der Vater, freundlich ausgedrückt, kein sehr netter Mensch ist und Geld ihnen nicht die üblichen Teenagerprobleme erspart, ist keine ganz neue Erkenntnis. Aber ein Einblick in diese Welt kann ja trotzdem interessant sein.

Berk, die Hauptfigur in »Die Schule auf dem Zauberberg«, ist ein sympathischer Schluffi, der unter den hohen Ansprüchen seines Vaters, eines erfolgreichen türkischen Unternehmers, und dessen Gefühlskälte leidet. Vor allem seinen schwierigen Weg zum Schulabschluss verfolgt man in diesem Film. Vorgestellt wird aber auch das Internat, die Leysin American School in der Schweiz, und zu Wort kommen ebenso andere Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte.

Das ist dramaturgisch recht inkonsequent. Berk wurde offenbar in den Mittelpunkt gestellt, weil seine Geschichte sich als die schönste herausstellte. Man habe »andere Schüler ebenfalls begleitet, das ist normal, weil man nie vorhersagen kann, wie sich eine Schülerin oder ein Schüler im Laufe des Jahres entwickelt«, sagt Regisseur Radek Wegrzyn. Berk würde lieber eine Bar eröffnen - er kocht gerne (leider erfährt man nicht, ob seine Burger-Kreationen so gut sind, wie er meint), ist aber im Hinblick auf die schulischen Anforderungen nicht sonderlich leistungsbereit, solange er glaubt, sich erfolgreich drücken zu können. Er rafft sich schließlich auf und schafft es dann gerade noch so, weil er sich fehlende Punkte durch eine Zusatzarbeit verschaffen darf, und es kommt sogar zur Versöhnung mit dem Vater.

Eine schöne Geschichte mit berührenden Momenten, etwa wenn Berk sich über die emotionale Kälte seiner Eltern beklagt, die sich ausschließlich für seine Schulleistungen interessieren. Als Hauptfigur eines Dokumentarfilms steht Berk aber zwangsläufig auch exemplarisch für den Nachwuchs der »Elite« - von dem man annehmen muss, dass er nicht nur aus sympathischen Schluffis besteht. Auch andere Schülerinnen und Schüler sprechen über Leistungsdruck und die Erwartungen der Eltern, doch wirklich vorgestellt wird nur Berk.

Die Mischung aus Charakterstudie und Einführung in die »Welt der extrem überprivilegierten Jugend« ist umso fragwürdiger, als die Darstellung der sogenannten Eliteschule oberflächlich bleibt. Hier wird nichts hinterfragt. Es bleibt sogar unklar, ob in der Leysin American School wirklich die »Sprösslinge der reichsten Familien der Welt« lernen - das Schulgeld ist mit umgerechnet etwa 84 000 Euro pro Jahr sehr hoch, aber auch für einen gewöhnlichen Millionär erschwinglich. Kritische Nachfragen wären vor allem bei der Behauptung angebracht gewesen, die Schüler würden zu »innovativen, mitfühlenden und verantwortungsbewussten Weltbürgern« erzogen. Der Klimawandel steht auf dem Lehrplan, doch dürfte der Anspruch der zahlenden Eltern, den Nachwuchs auf eine Führungsposition im kapitalistischen Geschäftsleben vorzubereiten, größeres Gewicht haben. Berk ringt seinem Vater übrigens die Zustimmung zu einem »nachhaltigen« Projekt ab - ob es verwirklicht wurde, erfahren wir allerdings nicht.

Einen interessanten Einblick in das Schulleben gewährt der Film dennoch. Wenn unter dem Gekicher der Teenager Kekse und Ähnliches zugunsten eines Waisenhauses in Simbabwe versteigert werden, deutet dies darauf hin, dass vom »mitfühlenden Weltbürger« wohl nicht mehr als ein Almosen hier und da verlangt wird. Bemerkenswert ist auch, dass den Neuankömmlingen gleich bei der Ankunft erläutert wird, »Unzucht« (fornication) sei verboten. Eine derartige elitäre Kaderschmiede dient zweifellos auch der Vernetzung, zudem scheinen dynastische Heiraten in der Oligarchie mancher Länder wieder in Mode zu kommen, doch sollen die Schüler in dieser Hinsicht offenbar noch keine eigenständigen Entscheidungen treffen. Man sollte als Dokumentarfilmer auch dann nicht durchs Schlüsselloch schauen, wenn man die Gelegenheit hat, könnte aber dennoch das unter mehr als 300 Teenagern zweifellos schwer durchsetzbare Liebesverbot thematisieren.

So bleibt der Film jenseits seiner menschelnden, ebenso wahren wie banalen Botschaft oberflächlich. Eine Schlussfolgerung drängt sich jedoch auf. Man kann sich darüber beklagen oder sich damit trösten, dass die Reichen es auch nicht leicht haben. Aber ist es wirklich eine Rechtfertigung des Kapitalismus, dass nicht einmal die herrschende Klasse glücklich ist? Vielleicht werden wir die besten Burger der Welt nie essen, weil Berk am Ende doch dem Weg seines Vaters folgt.

Die Schule auf dem Zauberberg. Buch und Regie: Radek Wegrzyn. Deutschland 2018, 87 Minuten.

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