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»Wo kommst du her?«
Netzwoche: Auf Twitter wird unter #vonhier klüger über das Thema Heimat und Herkunft diskutiert, als es »Hart aber fair« diese Woche getan hat
Es gibt Debatten, die können ebenso von einem Unterhaltungstrashformat des Kölner Privatsenders RTL wie von einem ARD-Polittalk angestoßen werden. Die eigentliche Auseinandersetzung findet dann im Internet statt. Dieter Bohlen und Frank Plasberg adressieren völlig unterschiedliche Zielgruppen, beide sprechen aber durchaus ähnliche Reflexe beim deutschen TV-Publikum an. Während Bohlen in seiner Show »Das Supertalent« ein fünfjähriges Mädchen fünf Mal nach dessen Herkunft fragt, weil für den Juroren die Antwort »aus Herne« offensichtlich auch im 21. Jahrhundert noch nicht mit dem außereuropäischen Aussehen der Kleinen zusammengehen, stellt Plasberg bei »Hart aber fair« mit »Heimat Deutschland - nur für Deutsche oder offen für alle?« die multikulturelle Einwanderungsgesellschaft zur Disposition.
Und weil RTL noch nie für kritische Reflexion bekannt war und die öffentlich-rechtlichen Talkrunden selbiges irgendwann verlernten, war es ausgerechnet der zur Polemik einladende Kurznachrichtendienst Twitter, bei dem die klügere Auseinandersetzung stattfand - 75 Minuten Diskussionszeit in der ARD reichten offensichtlich dazu nicht aus. Unter dem Hashtag #vonhier schreiben seit Tagen Menschen mit einer Migrationsgeschichte, aber auch jene, denen diese aufgrund ihres Namens oder Aussehens unterstellt wird, darüber, wie es ist, als Mensch auf die eigene Herkunft reduziert zu werden.
Ferda Ataman erklärt bei spiegel.de: »Wir sind in Deutschland besessen von Wurzeln. Wir reden über Stämme, Herkünfte und Kulturen, als sei es das Natürlichste der Welt, Menschen in diese Schubladen zu stecken. Wir finden es überhaupt nicht völkisch, wegen äußerlichen Merkmalen auf eine ausländische Herkunft zu schließen, weil es nun mal interessant ist, danach zu fragen.«
Die Journalistin Mariam Lau erzählt dagegen im Gespräch mit deutschlandfunkkultur.de, sie empfinde die »Frage nach den eigenen Ursprüngen« nicht per se als ausgrenzend. »Es ist einfach interessant, wo jemand herkommt, egal wo er herkommt. Für mich ist das eine unverfängliche Frage«, so Lau, die in Iran geboren ist und seit Jahrzehnten in Deutschland lebt. Eine Grenze sei für sie erst überschritten, wenn die Frage impliziere, wann der Gefragte Deutschland wieder verlasse.
Ähnlich sieht dies Cigdem Toprak auf welt.de. Die Frage »Woher kommst du?« sei zuallererst ein Zeichen für Neugier und Interesse. Nicht an der Frage könne man »Rassismus oder Abgrenzung ablesen, sondern an der Reaktion auf meine Antwort«.
Unverfänglich? Harmlos? Ataman widerspricht. Es gehe nicht darum, wie die Frage gemeint ist. »Die ›Wo- kommst-du-her‹-Frage ist ein Relikt aus dem völkischen Nationalismus, der viele Staaten seit Jahrhunderten begleitet.«
Vanessa Vu erklärt auf zeit.de, mittels welcher Strategie sie mit der Frage nach ihrer Herkunft umgeht. »Ich entscheide, wann ich wie viele Facetten von mir herauskehre«, so die Journalistin. Wo-kommst-du-her-Fragende weise sie höflich ab. Über ihre Herkunft spreche sie nur, wenn es ihr passt, etwa in ihrem Podcast oder über die sozialen Medien.
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