»Bank unter Belagerung«: Minutiöse Inszenierung der 80er Jahre

Die historische Serie »Bank unter Belagerung« erzählt von einem spektakulären Banküberfall in den frühen 80er Jahren in Barcelona

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.
Spannend inszenierte Frage: Sind das einfach nur Bankräuber oder eine rechte Terrorgruppe?
Spannend inszenierte Frage: Sind das einfach nur Bankräuber oder eine rechte Terrorgruppe?

Als in den Vormittagsstunden des 23. Mai 1981 elf vermummte, bewaffnete Männer die Zentralbank in Barcelona stürmten und fast 300 Geiseln nahmen, gingen die Behörden und die Öffentlichkeit erst einmal davon aus, dass es sich um einen Banküberfall handle. Aber nach einiger Zeit forderten die Täter die Freilassung mehrerer Militärs, die exakt drei Monate zuvor beim sogenannten 23-F das spanische Parlament besetzt hatten, um einen Staatsstreich durchzuführen und sechs Jahre nach Francos Tod den Übergang zur Demokratie mit einem rechten Putsch zu stoppen.

War der Überfall auf die Zentralbank Barcelonas ein weiterer Gewaltakt nationalistischer, rechtsextremer Militärs, um die Demokratie zu destabilisieren? Diesen letzteren Effekt hatte die 37 Stunden dauernde Geiselnahme, die mit der Festnahme alle Täter endete, auf jeden Fall. Oder ging es den Tätern doch nur um Geld und die politischen Forderungen waren ein Ablenkungsmanöver, während sie erfolglos versuchten, einen Fluchtweg in die Kanalisation zu graben? Diesen bis heute nicht eindeutig geklärten Fragen geht jetzt die fünfteilige spanische Netflix-Serie »Bank unter Belagerung« nach und spielt die einzelnen Optionen in einer spannenden Handlung durch.

Im Zentrum dieser ganz nah an der historischen Realität entlang inszenierten Geschichte steht die fiktive junge Journalistin Maider Garmendia (María Pedraza), die für das »Diario de Barcelona« schreibt und mit ihrem Kollegen, dem Fotografen Bernardo García (Hovik Keuchkerian) in dem Fall recherchiert. Die beiden werden erst einmal von der Polizei festgesetzt, sind dann aber ganz nah an den Ermittlungen dran, die Kommissar Francisco »Paco« López (Isak Férriz) leitet.

Zwischen Telefonaten mit den Geiselnehmern, die zum Teil der Staatspräsident selbst oder der die Operation leitende General führen, und den Ermittlungen des Kommissars, dem die beiden Reporter immer ganz dicht auf den Spuren bleiben, wird auch in Rückblenden die Geschichte von José Juan Martínez (Miguel Herrán) aufgerollt, dem Kopf des Überfalls. Der war ein Kleinkrimineller aus Almeria, der schon als Jugendlicher Raubüberfälle verübte, von der Polizei geschnappt wurde, eine Haftstrafe absaß und im Gefängnis vom franquistischen Geheimdienst rekrutiert wurde, für den er in den 70ern mit illegalen Aktionen Geld beschaffte.

Die Serie lebt vor allem auch von der minutiösen Inszenierung der 80er Jahre.

Bevor José Juan Martínez mit seinen Gefolgsleuten die Zentralbank in Barcelona überfiel, lebte er zeitweise in Perpignan, wo er Mitglied einer anarchistischen Gruppe gewesen sein soll. Oder war das nur Tarnung? Überfiel er womöglich für den spanischen Geheimdienst die Zentralbank von Barcelona? Diese Geschichte tischte er zumindest nach seiner Festnahme auf. Angeblich war der eigentliche Grund für den Überfall, dass Martinez ein Dokument aus einem Schließfach stehlen sollte, das belastende Informationen für die Regierung im Zusammenhang mit dem gescheiterten Putsch drei Monate zuvor enthielt.

Von dieser Version rückte Martinez aber wieder ab. In der Serie tut er das aufgrund der Drohungen, die Geheimdienstchef Emilio Alonso Manglano (Roberto Álamo) gegen seine Familie ausspricht. Martinez blieb nicht lange in Haft und türmte nach einigen Jahren. Bis heute ist nicht klar, ob dieser Raubüberfall eine Geheimdienstaktion, nationalistischer Terror oder einfach nur ein Banküberfall war. »Bank unter Belagerung« stellt diese verschiedenen Versionen geschickt einander gegenüber.

Die Serie lebt vor allem auch von der minutiösen Inszenierung der 80er Jahre. Es geht nebenbei auch um den ETA-Terrorismus, die große Heroinwelle, die Spanien in jener Zeit heimsuchte, aber auch um die Aufbruchstimmung in der Zeit nach Francos Tod. Dazu gehört die recht ungeschminkt gezeigte Vorgehensweise der Sicherheitsbehörden, deren größte Sorge darin besteht, es könnten Mitglieder der paramilitärischen Bundespolizei Guardia Civil beim Raubüberfall dabei sein. Denn dann, so wird klar, hätten die Spezial-Einsatzkräfte, die die Geiselnahme beendeten, sich womöglich einem Zugriff verweigert, um nicht gegen Kollegen vorgehen zu müssen.

In der ersten Hälfte der 80er Jahre erlebte Spanien, das die Franco-Diktatur nie wirklich aufarbeitete, drei Putschversuche rechter Militärs und Nationalisten. Als Epilog der Serie wird der Wahlsieg der Sozialisten 1982 gezeigt. Damit war die sogenannte »Transición« (Übergang) abgeschlossen. Welche Rolle der Banküberfall in dieser Zeit spielte, bleibt unklar. Die Serie ermuntert zumindest auch in Spanien dazu, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Verfügbar auf Netflix

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