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Hoch die Tassen
Das Kneipenkollektiv Tristeza in Neukölln hat finanzielle Probleme und bittet um Solidarität
Oft läuft Punkrock, die Beleuchtung ist eher schummrig und die Gäste sind größtenteils schwarz gekleidet. In die Tristeza, die Kneipe im Norden Neuköllns, gehen gerne und vor allem linke und alternative Menschen. Vor Kurzem gab die Tristeza, betrieben von einem Kollektiv, auf ihrer Homepage bekannt, dass sie finanzielle Sorgen habe. »Unsere Einnahmen tragen den Laden schon seit einer Weile nicht mehr«, war dort zu lesen. Deshalb schlugen sie vor, dass wieder mehr Leute zum Trinken vorbeikommen sollten.
Die Gründe sieht das Tristeza-Kollektiv vor allem in steigenden Mieten rund um die Pannierstraße in Neukölln, in der sich die Bar befindet. Jakob ist Kollektivmitglied und will seinen Nachnamen nicht in einer Zeitung lesen. Er erklärt, dass die Tristeza sich nicht wegen eines auslaufenden Mietvertrags oder Mieterhöhungen ums Bestehen sorge, »sondern weil sich die Sozialstruktur der Nachbarschaft verändert«. Denn diejenigen, die vermehrt in die Gegend ziehen, unterscheiden sich in Einkommen und Ressourcen von denen, die bisher dort wohnten.
Für Kneipen, die unter der Woche geöffnet sind, sei es immer wichtig gewesen, dass Studierende in der Nähe wohnen, meint Jakob. »Viele von unseren jungen Gästen kommen mittlerweile aus dem Wedding oder anderen weiter weg liegenden Stadtteilen gefahren«, erzählt er.
Die sich verändernde Zusammensetzung der Anwohnenden hat für die linke Kneipe, die Politikgruppen ihre Räume kostenlos zur Verfügung stellt und deren Barpersonal einschreitet, wenn Gäste andere sexistisch, rassistisch oder dergleichen belästigen, weitere Nachteile. »Vielen Besserverdienenden ist die Tristeza als politischer Raum egal. Wenn nur die in der Nähe wohnen, ist das ein Problem«, sagt Jakob. Gleichzeitig gebe es viele Stammgäste, die sich ihre Mieten noch leisten könnten, aber seltener kämen, weil sie mittlerweile 40 Stunden arbeiten müssten. Nicht nur, dass weniger Gäste kommen, weil sie weggezogen sind oder zu viel arbeiten, die neueren Nachbar*innen beschweren sich auch mehr bei der Polizei. »Bis vor ein paar Jahren war die Außenbestuhlung in den Sommermonaten kein Problem. Jetzt rufen Leute um 22.02 Uhr die Polizei, wenn nicht alle Stühle weggeräumt sind«, berichtet das Kollektivmitglied. Außerdem müssten alle Konzerte schlagartig um diese Zeit zu Ende sein. Die Anrufer*innen seien »Leute, die mitten im pulsierenden Stadtleben wohnen möchten, dann aber so viel Ruhe wollen wie in Buxtehude«, kritisiert Jakob. Das Kollektiv kennt diejenigen, die immer anrufen, es seien Anwohner*innen, die neu hierher gezogen seien.
Dass der Laden weniger Einnahmen hat, wirkt sich auch bereits auf die Betreiber*innen, also die Kollektivmitglieder selbst aus. Reich werde sowieso niemand, meint Jakob. »Die Leute bestreiten aber ihren Lebensunterhalt damit. Teilweise mussten wir uns um andere Zuverdienste bemühen.« Außerdem hätten sie die Zahl der Kollektivmitglieder reduziert.
Trotz der schon spürbaren Auswirkungen auf die Kollektivmitglieder war es für sie keine Lösung, die Getränkepreise anzuheben. Ein halber Liter Bier kostet weiterhin 1,60 Euro, die selbst gemachten Schnäpse mit Haselnuss-, Lakritz- oder Erdbeergeschmack 1,30 Euro. Dabei geht es nicht nur darum, Gästen preiswertes Betrinken zu bieten. »Es ist uns wichtig, dass es außerhalb des Zuhauses möglich ist, ein soziales Leben zu führen«, sagt Jakob. Außerdem wollen sie nach wie vor »kostenlose oder vergünstigte Getränke für Gäste anbieten, die wenig Geld haben«, erklärt er.
Wenn am kommenden Samstagnachmittag mehrere Demonstrationen unter dem Motto »Wir bleiben alle« stattfinden, sind die Tristeza-Betreiber*innen mit dabei. Von Schöneberg, Neukölln, Kreuzberg und Friedrichshain aus wird es Demonstrationen zum Lausitzer Platz in Kreuzberg geben, um gegen die drohende Vertreibung von linken Projekten wie Potse, Syndikat, Meuterei und anderen zu protestieren. Ihnen allen kündigten die Eigentümer die Mietverträge oder verlängerten diese nicht. »Wir beteiligen uns daran, weil wir wollen, dass es linke Freiräume gibt. Während es früher sozusagen nur den von oben erklärten politischen Willen zur Abschaffung linker Räume gab, droht das heute der ökonomische Druck zu erledigen«, sagt Jakob.
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