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Mit Dialog zum Bauen
Die Verhandlungen über die Zukunft des RAW-Geländes sind einen Schritt vorangekommen
Das Dialogverfahren über die Zukunft des RAW-Geländes (ehemals Reichsbahnausbesserungswerk Franz Stenzer) an der Revaler Straße in Friedrichshain steht nach »nd«-Informationen kurz vor dem Abschluss. »Die Erstellung des Gesamtkonzepts für die Entwicklung des RAW-Geländes ist in der finalen Phase«, sagt Sven Heinemann, SPD-Abgeordneter für Friedrichshain-Kreuzberg und Mitglied im Aufsichtsrat der Projektentwicklungsgenossenschaft »RAW Kultur L«, dieser Zeitung. Er erwarte einen Aufstellungsbeschluss noch im ersten Halbjahr. »Es ist an der Zeit, für das RAW-Gelände und seine Nutzer endlich eine dauerhafte Perspektive zu schaffen«, sagt Heinemann. »Von einer zügigen Entwicklung des Areals erhoffe ich mir auch mehr Sicherheit und einen Rückgang der Kriminalität am Kriminalitätsschwerpunkt Warschauer Brücke.«
Das Dialogverfahren hatte Anfang vergangenen Jahres mit dem Ziel begonnen, nach mehreren erfolglosen Anläufen Kompromisse zwischen Investoren, Anwohnern, Vertretern von Initiativen und der Bezirkspolitik zu finden, um ein tragfähiges Entwicklungsmodell für das rund 71 000 Quadratmeter große Gebiet aufzustellen. Der Bezirk hatte in den Verhandlungen mit den drei Investoren, denen das Areal gehört, stets auf eine dauerhafte Sicherung des RAW-Geländes als subkulturelles Zentrum mit seinem industriellen Charme gepocht. »Das erarbeitete Gesamtkonzept stellt sicher, dass der Charakter des Areals bei der weiteren städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt wird«, sagt der SPD-Abgeordnete Heinemann. »Wir bestehen darauf, dass sich die Bebauungsdichte an vergleichbaren Kiezprojekten orientieren muss.« Großflächigen Einzelhandel, Wohnungen sowie Hotels wird es auf dem Gelände hingegen nicht geben.
Bei der Göttinger Kurth-Gruppe, der rund 5,2 der sieben Hektar und damit der Löwenanteil des Geländes gehört, zeigt man sich über den bevorstehenden Abschluss des Dialogverfahrens erfreut. »Der Prozess hat eine gute Grundlage für das Bebauungsplanverfahren geschaffen«, sagt Geschäftsführer Lauritz Kurth. »Wir konnten bereits einige strittige Fragen klären.« Für seinen Geländeteil plant der Investor eine Mischnutzung aus Arbeitsplätzen, Freizeitangeboten, Gewerbe und Kreativstätten. »Wichtig für das RAW-Gelände ist neben den soziokulturellen Angeboten auch eine attraktive Tagesnutzung«, sagt Kurth. So plane man beispielsweise Kindertagesstätten, Sport- und Freizeitangebote sowie urbane Freiflächen und Grün für Anwohner und Besucher. »Es geht uns darum, Angebote für die ganze Bevölkerung zu schaffen«, sagt Kurth. Trotz aller Euphorie über das positive Ergebnis des Dialogverfahrens sieht Sozialdemokrat Heinemann noch einigen Gesprächsbedarf mit den Eigentümern über ihre konkreten Vorstellungen. So sehen die Pläne der Investoren unter anderem den Bau von Hochhäusern vor. Die sollen aber nur in Ausnahmefällen genehmigt werden, wie Heinemann klarstellt. »Einzelne höhere Bauten auf dem RAW-Gelände sind nur unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt vorstellbar«, sagt Heinemann. Auch müsse noch wasserdicht geklärt werden, in welchem Umfang und zu welchem Preis die subkulturellen Einrichtungen langfristig gesichert werden können.
Dass die soziokulturellen Einrichtungen auf dem Areal zuletzt lediglich eine kurzfristige Absicherung bekamen, sieht das Stadtteilbündnis »RAW für den Kiez« kritisch. »Was jetzt herauskommt, das ist wie bei jedem Beteiligungsverfahren eine sehr investorenfreundliche Nutzung«, sagt Jenny Goldberg vom Stadteilbündnis dem »nd«. Aus ihrer Perspektive wurde in dem Dialogverfahren der Stadtteil nicht richtig eingebunden, auch nicht die betroffenen Verbände und Gruppen, die in Friedrichshain wichtig sind. Goldberg verweist zudem darauf, dass die Zukunftsplanungen für das RAW-Gelände noch nicht einmal in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg behandelt worden seien. Es gebe deshalb keine parlamentarischen Beschlüsse dazu.
Das bedeutet, bis auf dem RAW-Gelände die ersten Bagger anrollen und sich die ersten Kräne drehen, wird es noch mindestens zwei Jahre dauern. Auch weil die politische Entscheidungen über die Entwicklung des Areals weiterhin ausstehen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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