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Erfülltes Versprechen
Cristiano Ronaldo lässt erstmals erkennen, dass sich die horrende Ablöse für Juventus Turin doch lohnen könnte
So schnell wird man Heilsbringer. Am Wochenende musste Cristiano Ronaldo noch damit leben, dass ihm Fans die kalte Schulter zeigten. Nach den drei Treffern gegen Atletico Madrid am Dienstagabend aber wird er in Turin als Halbgott gefeiert. Und Kultstatus besitzt bereits seine Äußerung nach dem Einzug ins Viertelfinale der Champions League: »Genau dafür wurde ich doch geholt.«
Da hat er recht. Und dass er in der Stunde der Wahrheit so phänomenal zur Stelle war, und all die Zweifel wegwischte, die in den vergangenen Wochen aufgekeimt waren, verdient Respekt. Denn auf Rosen gebettet war der Portugiese zuletzt nicht mehr. Der Anfeuerungsstreik eines Teils der Turnier Tifosi am vergangenen Freitag während des Ligaspiels gegen Udinese galt auch dem Superstar. Die Fans waren wegen der erhöhten Eintrittspreise erzürnt. Teurere Tickets versucht Juve auch wegen der immensen Kosten für den Neuzugang von Real Madrid abzusetzen. Immerhin kostete Ronaldo im Sommer 112 Millionen Euro Ablöse und seitdem ein geschätztes Jahressalär von 31 Millionen. »So viel Geld für nur ein Tor«, hatte mancher Fan gelästert. In der Tat war bis dato dem früheren »Mr. Champions League« im neuen weiß-schwarzen Leibchen nur ein Treffer in der Königsklasse geglückt. Und im Hinspiel gegen Atletico brachte er vor lauter Übereifer nicht eine einzige erzählenswerte Aktion zustande.
Die Atmosphäre war feindlich bis schadenfroh. »Viele haben schon unsere Beerdigung ausgerufen. Aber all die Angriffe haben uns nur mental stärker gemacht. Und wir haben die richtige Antwort auf dem Platz gegeben«, sagte Abwehrchef Leonardo Bonucci nun.
Wichtigster Teil der Antwort war Cristiano Ronaldo. Er zeigte sich hochmotiviert, luchste schon in der vierten Minute Atleticos Keeper Jan Oblak den Ball ab und leitete so das erste Tor ein, das der Schiedsrichter allerdings aberkannte. CR7 meckerte nicht, sondern wuchtete später zwei Mal den Ball per Kopf ins Tor. Kurz vor Spielende blieb er dann auch noch vom Elfmeterpunkt eiskalt. Zahleiche weitere gute Aktionen liefen im Turiner Spiel ebenfalls über ihn.
Der Portugiese hielt endlich einmal in den entscheidenden Momenten seine Nerven im Zaum. Es gelang ihm auch, weil Trainer Massimiliano Allegri genau das passende Mischungsverhältnis aus Antreiben und Coolness gefunden hatte. »Er hat uns seit dem Hinspiel in Madrid bearbeitet und in unsere Herzen und Seelen den Glauben an die Revanche eingepflanzt«, erinnerte sich Bonucci an die 0:2-Niederlage in Spanien, die ein Weiterkommen sehr unwahrscheinlich gemacht hatte - aber eben nicht unmöglich.
Manche Spieler richtete Allegri auf. Einen anderen zähmte er offenbar. »Für uns war es fundamental, nicht hysterisch und neurotisch in das Spiel zu gehen und zu versuchen, in 15 Minuten alles klar zu machen. Wir wussten, wir hatten 95 Minuten oder sogar 120 Minuten Zeit, und wir mussten die richtige Balance finden«, fasste Allegri die Aufgabe zusammen. Die Adjektive »neurotisch« und »hysterisch« gingen durchaus an die Adresse des vor Überwältigungswillen zuweilen schäumenden Cristiano Ronaldo. Allegri bremste seinen Star ein - eine große Leistung eines souveränen Trainers.
Der leistete sich noch manch andere Verrücktheiten. Er setzte Mittelfeldmann Emre Can in der Abwehrkette ein. Der deutsche Nationalspieler wurde dort zum Staubsauger für irrlichternde Bälle und zugleich zur Waschmaschine, wenn es den sauberen Pass nach vorn zu bringen galt. Auf Linksaußen vertraute Allegri dem Champions-League-Novizen Leonardo Spinazzola, der Atleticos Hintermannschaft immer wieder schwindlig spielte. Paolo Dybala, der Schönling mit der blendenden Technik, blieb hingegen lange draußen. Auch so etwas muss sich ein Trainer trauen.
Juventus Turin befreite sich auf diese Weise von einem historischen Trauma. Der Klub ist seit langem erfolgreich, gewiss. Er ist das aber gewöhnlich mit schierer Übermacht. Rückschläge auszubügeln ist nicht die Spezialität der Bianconeri. Allegri arbeitete an diesem Makel. Zweimal schien die Kur bereits erfolgreich: 2016 hatte Juve einen 0:2-Rückstand gegen die Bayern im eigenen Stadion noch egalisiert. Im Rückspiel lag man sogar 2:0 vorn. Doch dann brachen die Italiener zum 2:4 ein. Im letzten Jahr hatten sie dann Real Madrid schon in den Seilen. Das 0:3 aus dem Hinspiel hatten sie im fremden Bernabeu-Stadion mit drei Treffern egalisiert. Doch dann rettete Cristiano Ronaldo die Spanier.
Jetzt hat CR7 sich schwarze Streifen aufs weiße Hemd geklebt. Und Juventus hat plötzlich Boxerqualitäten. Das Team kann einstecken und umfallen, es steht aber auch wieder auf. So ist Juventus definitiv zu einem Favoriten in der Champions League geworden.
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