Die Diskriminierung bleibt

Equal Pay Day: Gewerkschaften kritisieren Regierung

Seit vielen Jahren ist er in Deutschland unverändert groß: der sogenannte Gender Pay Gap. Der Bruttostundenlohn der Frauen lag auch 2017 um 21 Prozent unter dem der Männer, wie das Statistische Bundesamt vergangene Woche mitteilte. Am Montag machten Frauen bundesweit auf ihre Benachteiligung bei der Bezahlung aufmerksam. Anlass war der Equal Pay Day, der in diesem Jahr auf den 18. März fällt. Er markiert den Termin, bis zu dem Frauen über den Jahreswechsel hinaus arbeiten müssen, damit sie auf das durchschnittliche Vorjahresgehalt ihrer männlichen Kollegen kommen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Frauenrat und der Sozialverband Deutschland (SoVD) forderten am Montag auf einer gemeinsamen Kundgebung in Berlin, endlich an den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen etwas zu ändern, die für die Entgeltlücke verantwortlich sind. Insbesondere müsse die Bezahlung in Berufsfeldern wie Kranken- und Altenpflege sowie Kinderbetreuung verbessert werden, in denen überwiegend Frauen tätig seien. Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) mahnte auf der Veranstaltung: »Wenn wir im bisherigen Tempo weiter machen, werden wir gleichen Lohn für gleiche Arbeit erst in über 100 Jahren erreichen.«

Die Bundesfrauensprecherin des SoVD, Edda Schliepack (CDU), verwies auf die hohe Teilzeitquote bei Frauen: »Jahrelange Minijobs bedeuten für Millionen Frauen Minirenten.« DGB-Chef Reiner Hoffmann kritisierte die Bundesregierung für Gesetze, die »gut gemeint, aber nicht gut gemacht« seien. So bestehe nach dem Entgelttransparenzgesetz nur in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten ein Anspruch auf Auskunft über die Entlohnung von Kollegen. Auch das im Januar in Kraft getretene Recht auf befristete Teilzeit (»Brückenteilzeit«) könne nur nutzen, wer in einem Unternehmen mit mehr als 45 Beschäftigten arbeite.

Ein Mittel gegen Willkür
Wie Tarifbindung helfen kann, den Abstand bei den Einkommen zwischen Männern und Frauen zu verringern

Auf weiter bestehenden Hürden für ein juristisches Vorgehen gegen Lohndiskriminierung verwies im Gespräch mit »nd« auch die Juristin Nora Markard. Weil die meisten Betriebe auch mit dem Transparenzgesetz nicht zur Beseitigung von Ungleichbehandlung verpflichtet seien, bleibe der Gender Pay Gap ein »individuelles Problem der einzelnen Frau, die die Gehälter ihrer Kollegen herausfinden und ihren Arbeitgeber verklagen muss«. Zudem fehle die Möglichkeit, sich für eine Klage mit anderen Betroffenen zusammenzuschließen, so Markard.

Die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben machte eine am Montag von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte Studie deutlich. Demnach verrichten Frauen weitaus häufiger als Männer Tätigkeiten unterhalb ihres Qualifikationsniveaus. So arbeiteten 2012 rund 61 Prozent der Hochschulabsolventinnen in Berufen, für die diese Qualifikation nicht vorausgesetzt wird. Bei männlichen Akademikern betraf dies etwa 44 Prozent.

Zwar hätten Frauen in der Bundesrepublik heute mehr eigenes Geld zur Verfügung als in den 1970er Jahren, heißt es in der Studie. Doch unabhängig von ihrem Bildungsgrad hätten sie meist nur halb so viel Einkommen wie die Männer. Damit wird noch einmal deutlich, dass mit dem vielfach »unbereinigt«, also zu hoch kritisierten »Gender Pay Gap« von 21 Prozent die reale Entgelt- und damit Rentenlücke längst nicht erfasst ist.

Die Zahl der berufstätigen Frauen hat sich der Langzeitstudie zufolge in Westdeutschland zwischen 1973 und 2013 von rund sechs auf zwölf Millionen verdoppelt. Aufgrund der hohen Teilzeitquote hat sich die Zahl der von ihnen geleisteten bezahlten Arbeitsstunden im gleichen Zeitraum aber nur um 50 Prozent erhöht.

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