Umfrage zeigt: Jugendliche fordern mehr politische Mitsprache

Schüler*innen wollen mit Klimademonstrationen Einfluss auf die Politik üben / Weitere Befragung zeigt Unterstützung von Erwachsenen für Friday for Future

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Hamburg. Seit Wochen lassen junge Menschen deutschlandweit freitags den Unterricht ausfallen, um auf der Straße für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. Eine Umfrage des Opaschowski Instituts zeigt: Eine Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland fordert mehr politische Mitsprache. Zudem unterstützt die Mehrheit der deutschen Erwachsenen die Demonstrationen der Schüler*innen, wie eine Umfrage von Infratest dimap zeigt.

Jugendliche wollen bei gesellschaftlichen Zukunftsfragen mehr gehört werden und mehr mitbestimmen können. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Opaschowski Instituts für Zukunftsforschung, bei der 1.000 Personen ab 14 Jahren befragt wurden. Danach habe es in den vergangenen fünf Jahren eine starke Zunahme bei den unter 20-jährigen Jugendlichen gegeben, die »viel mehr Volksabstimmungen für die Bürger« fordern. 2014 waren es noch 73 Prozent, 2019 stimmten der Forderung 94 Prozent zu.

Jugendliche gegen Politprofis

»Die Jugendlichen vermissen in der Politik klare Vorstellungen darüber, wie unsere Gesellschaft in 20, 30 Jahren aussehen soll«, sagte der Leiter des Instituts, Prof. Horst Opaschowski. Die »Fridays for Future«-Proteste seien eine neue Mitmachbewegung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes, wonach alle Staatsgewalt »in Wahlen und Abstimmungen vom Volke ausgeht« und Parteien bei der politischen Willensbildung lediglich »mitwirken«, aber nicht allein bestimmen sollen. »Die jugendlichen Protestgruppen richten sich gegen Polit-Profis, die sich zu verselbstständigen drohen, und dabei die Interessen kommender Generationen aus den Augen verlieren«, meinte Opaschowski.

Außerdem forderten die Jugendlichen mehr selbstständiges und verantwortliches Handeln im Unterricht. 92 Prozent befürworteten die Aussage: »Zu den wichtigsten Erziehungszielen der Zukunft werden Selbstständigkeit und Selbstvertrauen gehören, die in schulischen Projekten gefördert und eingeübt werden müssen.« 2014 dachten das »nur« 77 Prozent. Deshalb sei die Forderung von Politikern falsch, die Jugendlichen sollten sich in ihrer Freizeit engagieren, so Opaschowski. »Bildungspolitiker müssten genau umgekehrt argumentieren: Relevante Zukunftsprojekte wie die Fridays-For-Future-Bewegung müssen von der Straße in den Unterricht und schulischen Alltag geholt werden, statt Mauern zu bauen und sich abzugrenzen«, sagt der Jugendforscher.

Den meisten Schülern geht es bei den Klimaprotesten offensichtlich nicht ums Schulschwänzen, wie weitere Forschung zeigt. Dieser Vorwurf auch aus Teilen der Politik habe sich in einer Blitzumfrage unter demonstrierenden Schülern nicht bestätigt, wie die Universität Konstanz am Freitag mitteilte. Im Rahmen eines laufenden Projekts befragte ein Wissenschaftlerteam am 15. März 145 Teilnehmer einer sogenannten Fridays-for-Future-Demo in Konstanz, das war etwa jeder zehnte.

Mehr als 95 Prozent der Befragten waren demnach der Meinung, ihr Engagement könne etwas verändern. Nur jeder Zehnte fand auch, es sei außerdem eine gute Gelegenheit zum Schwänzen. Die große Mehrheit - 83 Prozent - verpasste zwar Unterricht, aber das war für sie ebenso zweitrangig wie das Teilnahmeverbot durch die Schule, das immerhin fast die Hälfte der Demonstrierenden betraf. Die Schüler sind demnach sogar bereit, Sanktionen wie Nachsitzen in Kauf zu nehmen, mit denen mehr als ein Drittel der Befragten durchaus rechnete.

Der Greta-Effekt

Die Bereitschaft und den Einsatz der Schüler begründen die Wissenschaftler mit dem »Greta-Effekt«. Das Fundament sei bereits vorhanden - Schüler seien heute gut informiert, an Nachhaltigkeitsthemen interessiert und über den Zustand der Welt empört. Viele waren auch vor der Protestbewegung bereits politisch engagiert.

»Es brauchte nur ein Vorbild wie die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg und eine wirksame Protestform - den Schulstreik«, erklärten die Experten. Die Überzeugung, dass das eigene Engagement etwas bewirken könne, sei dann ein wichtiges Motiv für die Teilnahme am Schulstreik.

Wie aus einer weiteren Befragung des ARD-»Morgenmagazins« hervorgeht, unterstützt die Mehrheit der Erwachsenen die Fridays For Future Aktionen. 55 Prozent der wahlberechtigten Frauen und Männer in Deutschland geben an, es in Ordnung zu finden, wenn Schülerinnen und Schüler für Demonstrationen den Unterricht verpassen. 42 Prozent sind gegenteiliger Meinung. Für den »DeutschlandTrend« hat Infratest dimap 1.041 Wahlberechtigte befragt. Agenturen/nd

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