Arme haben keine Priorität

Alina Leimbach zum verfehlten Armutsreduktionsziel der EU

  • Alina Leimbach
  • Lesedauer: 2 Min.

Da soll ja noch einer sagen, die EU kümmere sich nicht um das Soziale. In der Europa-2020-Strategie hat man sich sogar auf die Fahnen geschrieben, bis zu jenem Jahr die Zahl der armen Menschen um 20 Millionen zu verringern. Das ist sogar eine der Top-Fünf-Prioritäten. Wie bitte? Noch nie davon gehört? Das liegt wohl daran, dass dieses Ziel zwar auf dem Papier existiert, gegenüber zahlreichen anderen Anliegen allerdings hinten runter fällt.

Und die Früchte dieses unambitionierten Umgangs zeigen sich derzeit einmal wieder: Wie die »Saarbrücker Zeitung« mit Verweis auf die aktuellen Eurostat-Statistiken zeigt, lag 2017 der Anteil der von Armut bedrohten Menschen in der EU noch immer bei 16,9 Prozent. Das sind 85,3 Millionen Personen. Zwar sind es 0,4 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr (17,3). Doch insgesamt ist die Zahl der armutsgefährdeten EU-Bürger*innen seit der Implementierung dieser Top-Fünf-Priorität in 2008 sogar gestiegen. Damals lag ihr Anteil bei 16,3 Prozent.

Das Zwischenfazit wurde entsprechend übertitelt mit: »Forschung & Entwicklung und Armutsbekämpfung hinken hinterher.« Deutschlands Rolle in der Sache ist dabei noch einmal unrühmlicher. Hierzulande beschloss man, dass es Armut scheinbar gar nicht gibt. Als Umsetzung des Armutsziels erklärte die Bundesregierung, Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren - das tat kein anderes Land.

Und: Diese Schaufensterpolitik wird belohnt. Die EU-Kommission bilanzierte 2018, dass Deutschland seine Vorgabe auf dem Feld bereits übererfüllt habe. Bleibt zu hoffen, dass die Parteien nach der EU-Wahl ihr wiederkehrendes Versprechen eines sozialen Europas ernster nehmen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.