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Seuchengefahr nach dem Zyklon
Im südlichen Afrika werden bereits über 600 Tote und Hunderttausende Obdachlose gezählt
Auch fast zwei Wochen nach dem verheerenden Zyklon Idai kämpfen Nothelfer in Mosambik noch immer um Menschenleben. Südafrikas Militär hat inzwischen drei Hubschrauber und 80 Armeeangehörige in das Nachbarland entsandt, auch etliche Rettungsorganisationen sind vor Ort. Während mit den Helikoptern nach wie vor Opfer aus überfluteten Ortschaften geborgen werden, befürchten Gesundheitsexperten bereits neue Gefahren durch Epidemien. Durch die Unterbringung der Flutopfer in Massenunterkünften und das stagnierende Wasser droht ein Anstieg der Malariaerkrankungen, bereits am Freitag meldete das Internationale Rote Kreuz erste Cholera-Fälle.
Cholera verbreitet sich vor allem durch mit Fäkalien kontaminiertes Wasser, weshalb die Helfer derzeit versuchen, die in den Fluten völlig zusammengebrochene Trinkwasserversorgung in der Region um die Großstadt Beira wiederherzustellen. Auch das Technische Hilfswerk hat zwei mobile Trinkwasseraufbereitungsanlagen aus Deutschland entsandt. Dabei gelingt es den Einsatzkräften allerdings kaum, die Ausmaße der Katastrophe genau einzuschätzen, zu groß ist das betroffene Gebiet, das aufgrund zerstörter Infrastruktur kaum zugänglich ist. »Es ist zum jetzigen Zeitpunkt schwierig, sich ein klares Bild von den medizinischen Bedürfnissen zu machen«, erklärte Gert Verdonck, Nothilfekoordinator von Ärzte ohne Grenzen.
Allein in Mosambik haben eine mehrere Meter hohe Flutwelle aus dem Indischen Ozean sowie starke Regenfälle gigantische Verwüstungen angerichtet. Im Bereich des Flusses Buzi steht ein Gebiet von etwa 25 Kilometer Breite und 125 Kilometer Länge unter Wasser. Zudem hat der Sturm, der am Abend des 14. März mit 190 Kilometern pro Stunde auf die Küste traf, unzählige Häuser zerstört.
Wie Mosambiks Minister für Land und Umwelt, Celso Correia, am Montag erklärte, wurden dort bisher 447 Todesopfer gezählt. In den ebenfalls betroffenen Nachbarländern Simbabwe und Malawi sind mindestens 209 weitere Menschen umgekommen. Helfer befürchten allerdings, dass noch weit mehr Menschen zu Tode gekommen sind. Die Zahl der inzwischen in Notunterkünften untergebrachten Flutopfer liegt den Angaben zufolge allein in Mosambik inzwischen bei 128 000. Tausende weitere Menschen werden noch vermisst. Auch in Simbabwe und Malawi mussten Zehntausende vor den Fluten fliehen. Insgesamt, so schätzen Hilfsorganisationen sind infolge der Katastrophe mehr als eine halbe Million Menschen ohne Obdach.
Hinzu kommen neben der Gefahr von Epidemien auch Versorgungsengpässe bei Medikamenten für chronische Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck, vielen Kliniken gehen zudem die antiretroviralen Medikamente für HIV-Patienten aus, deren Immunsystem durch den Mangel zusätzlich geschwächt wird. Auch die zu erwartenden massiven Ernteausfälle bereiten Kopfzerbrechen, ohne Nahrungsmittelhilfen droht eine Hungersnot.
Die Folgen des Zyklons sind auch deswegen so verheerend, weil es in Mosambik kaum einen funktionierenden Katastrophenschutz und auch keine adäquaten Nothilfepläne gibt. Begründet wird dies häufig mit der Armut des südostafrikanischen Landes, das erst 1975 seine Unabhängigkeit von Portugal erkämpfte und danach bis 1992 in einem vom damaligen Apartheid-Regime in Südafrika befeuerten Bürgerkrieg versank. Ein Grund für die Armut ist allerdings auch die grassierende Korruption, mit der inländische und ausländische Eliten das Land plündern. Erst im Januar war der ehemalige Finanzminister Manuel Chang aufgrund eines von den USA erwirkten internationalen Haftbefehls im südafrikanischen Johannesburg festgenommen worden. Chang und weitere hochrangige Regierungsbeamte, Geheimdienstler sowie ein Sohn von Ex-Präsident Armando Guebuza sollen mithilfe Schweizer Banken einen Kredit über zwei Milliarden US-Dollar für ein angebliches Fischereiprojekt am Parlament vorbei aufgenommen haben. Während die staatliche Fischflotte nie wirklich Fänge machte, sollen sich die Beteiligten an Bestechungsgeldern der Banken und Projektpartner bereichert haben. Für die Folgen der Zyklon-Katastrophe können sie deshalb freilich nicht verantwortlich gemacht werden, der Fall zeigt aber exemplarisch die riesigen Herausforderungen, vor denen die Regierung des seit 2015 amtierenden neuen Staatschefs Filipe Nyusi steht.
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