Keine Räumung und ein Eimer Scheiße

Besetzer im Hambacher Forst stellt sich der Polizei

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Montagabend sah es nach einer erneuten großen Konfrontation im Hambacher Forst aus. Lichtmasten wurden am Baumhausdorf »Krähennest« aufgestellt, die Polizei umstellte das Gebiet. Besetzer und Unterstützer befürchteten eine erneute Räumung des Waldgebiets.

Nachdem bei den gestrigen »Aufräumarbeiten« von RWE einzelne Bäume gefällt wurden, hatten die Besetzer den »Tag X« ausgerufen. Sie wollten Fällungen und den Polizeieinsatz nicht hinnehmen und forderten Unterstützer auf in den Wald zu kommen. »Wir fordern den sofortigen Stopp der Polizeiarbeiten im Hambacher Forst, den sofortigen Kohleausstieg und die Enteignung RWEs!«, hieß es in einer Mitteilung der Besetzer. Außerdem kritisierten sie die Zerstörung ihrer Infrastruktur und prangerten an, dass in der Vogelbrutschutzzeit Bäume gefällt wurden.

Die Aachener Polizei hingegen erklärte schon am Montagabend, dass die »Aufräumarbeiten« von RWE beendet seien und man jetzt die Identität einer Person feststellen wolle, die während der Arbeiten einen Eimer, der vermutlich mit Fäkalien gefüllt war, aus einem Baumhaus auf die Waldarbeiter des Konzerns geworfen haben soll. Deswegen wurden Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet und von der Staatsanwaltschaft ein Durchsuchungsbeschluss für das entsprechende Baumhaus beim Amtsgericht Aachen eingeholt. Dieser wurde am Montagnachmittag erteilt.

Weil es aber zu spät und dunkel für die Vorbereitung und Durchführung dieser Durchsuchung war, verschob die Polizei ihren Einsatz auf heute. Dabei forderte sie den gesuchten Besetzer mehrfach auf, das Baumhaus zu verlassen und sich zu stellen. Das geschah auch am Vormittag, nachdem ein weiterer Baum gefällt wurde. Die Polizei wollte sich vorher eine Schneise in den Wald schlagen, um die Festnahme durchführen zu können. Nachdem der Besetzer sich gestellt hatte, wurde der Polizeieinsatz beendet.

Antje Grothus, die im benachbarten Buir lebt und Teil der Kohlekommission war, rief Politik, Polizei und RWE zur Mäßigung auf: »Das derzeitige Vorgehen schadet nicht nur dem Wald, sondern auch dem Demokratieverständnis vieler Menschen. Möglicherweise trägt die nordrhein-westfälische Landesregierung dazu bei, dass sich Teile der bürgerlichen Zivilgesellschaft, die sich für den Erhalt des Waldes, der Dörfer und den Klimaschutz einsetzen, radikalisieren werden.« Sie begrüßte das Ende des Einsatzes, wünscht sich aber von der Landesregierung den Beginn einer Mediation, bei der die Landeskirchen unterstützen könnten.

Auch auf Bundesebene müsse die Politik zu Befriedung des Konflikts um den Wald beitragen. Was dieser jetzt, genau wie die ganze Region brauche, sei Ruhe und keine weitere Zuspitzung. Ruhe für den Wald könnte ab jetzt tatsächlich wieder eintreten. Von verschiedenen Stellen erfuhr das »nd«, dass derzeit keine Räumung von Baumhäusern geplant ist.

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