- Berlin
- Maja Smoltczyk
Datenschutzbeauftragte greift Polizei an
Polizisten sollen laut Behördenleiterin häufig illegal sensible Daten im internen System Poliks abgreifen
Der Sachverhalt ist immer noch nicht aufgeklärt. Im Fall des verurteilten Polizisten, der Drohbriefe an die linksradikale Szene aus dem Umfeld des Hausprojektes »Rigaer 94« verschickt hat, forscht die Behörde der Berliner Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Maja Smoltczyk, weiter nach Ursachen für das Datenleck. »Nach wie vor ist unklar, ob der Polizist alleine gehandelt hat«, sagte die Beauftragte am Donnerstag bei der Vorstellung des Jahresberichts 2018 im Abgeordnetenhaus. Die Behörde der Datenschutzbeauftragten verfügt nach eigenen Angaben über »Indizien«, dass noch weitere Polizisten an der Versendung der Drohbriefe beteiligt gewesen sein könnten.
Wie »nd« bereits Mitte Februar berichtet hatte, ist immer noch ungeklärt, wie der inzwischen verurteilte Beamte an die personenbezogenen Daten gelangen konnte. »Da hat tatsächlich jemand aus der Polizei die vorhandenen Informationsmöglichkeiten genutzt«, sagte Smoltczyk. Das sei »absolut nicht akzeptabel« gewesen.
Harsche Kritik übte die Datenschutzbeauftragte erneut am Aufklärungswillen der Polizei. »Die Bereitschaft, uns weiter zu informieren, ist nicht da gewesen«, sagte Smoltczyk. Außerdem habe die Polizei keine Originalbilder zur Prüfung übersandt und keine Fingerabdrücke genommen. »Ich kann nicht berichten, dass die Behörde sehr kooperativ war«, sagte Smoltczyk. Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei »suboptimal« gewesen. Dabei sei jede Behörde auskunftspflichtig für die Datenschutzbehörde, egal, ob es ein Strafverfahren gebe oder nicht. »Unsere datenschutzrechtliche Prüfung geht weiter«, betonte die unabhängige Beauftragte.
Die Polizei wollte sich am Donnerstag auf nd-Anfrage zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. Vor einigen Wochen hatte die Polizei zu dem Vorgang erklärt, dass der Vorwurf, nicht kooperiert zu haben, nicht nachvollziehbar sei.
-
/ Jule MeierBerliner Senat: Prüfstein war gesternDie schwarz-rote Koaltion weitet Grundrechtseinschnitte ungeprüft aus, meint Jule Meier
-
/ Christian LelekFallkonferenz und Fußfessel: Berlin macht beim Gewaltschutz MeterBerliner Senat treibt Maßnahmen voran, mit denen Frauen besser vor häuslicher Gewalt geschützt werden sollen
-
/ Marten BrehmerBerlin: Wenn der Chef durch die Steckdose zugucktBericht zeigt laxen Umgang mit Datenschutz bei Unternehmen
Doch nicht nur Datenlecks bei der Polizei beschäftigten die Behörde der Datenschutzbeauftragten mit ihren rund 50 Mitarbeitern. Vielmehr hat sich das Beschwerdeaufkommen mit der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung 2018 grundsätzlich massiv erhöht: Insgesamt 3999 Meldungen seien seit dem 25. Mai 2018 eingegangen, hieß es am Donnerstag. Auch bei Datenpannen seien die Meldungen »massiv angestiegen«. 322 Fälle solcher Meldungen gab es. »Das Aufkommen der Meldung von Datenpannen hat sich vervierzehnfacht«, sagte Smoltczyk. Unternehmen, Behörden und Privatpersonen müssen die Datenschützer seit der Einführung der Verordnung informieren, wenn vertrauliche Informationen aus Versehen an Dritte geraten. Vorher galt die Pflicht nur für bestimmte Daten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.