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Glaube versetzt Zwerge

Ungewohntes Glücksgefühl: Nürnberg feiert den ersten Sieg seit einem halben Jahr

  • Maik Rosner, Nürnberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie lange sie auf ihren dritten Saisonsieg warten mussten, war hinterher auch an den ausgiebigen Feierlichkeiten zu erkennen. Weit nach dem Abpfiff war der Großteil des Publikums immer noch im Nürnberger Max-Morlock-Stadion, um die Mannschaft des FCN für das 3:0 (0:0) gegen den FC Augsburg zu beklatschen. »Total ungewohnt« sei dieses seltene Glückgefühl, sagte Linksverteidiger Tim Leibold nach den 20 vergeblichen Anläufen zuvor und sprach davon, dass der bislang letzte Sieg, das 3:0 gegen Düsseldorf vom 29. September 2018, »gefühlt vor drei Jahren« erreicht worden war.

Tatsächlich stand nun seit genau einem halben Jahr und einem Tag erneut ein 3:0 auf der Anzeigetafel, diesmal praktischerweise gegen den ebenfalls noch abstiegsgefährdeten FCA. Es passte zur Ausnahmesituation aller Clubberer, dass die Fans zum Ausklang sehr traditionelles Liedgut zur Aufführung brachten und den wunderschönen Tag besangen, den man schon lange nicht mehr erlebt habe. Die Stadionregie spielte zudem die Vereinshymne »Die Legende lebt« ein. Nach den Toren von Mikael Ishak (52.), Matheus Pereira (88.) und Eduard Löwen (90.+1) klang diese für den Anhang nach langer Zeit endlich mal wieder nicht so deplatziert wie in den tristen Monaten zuvor.

Dass die schon ziemlich verblasste Hoffnung, doch noch wundersam den Klassenverbleib zu erreichen, auch mit Berechtigung wie neu belebt wirkte, war vor den ausstehenden Sonntagsspielen der Abstiegskonkurrenten VfB Stuttgart, Hannover 96 und Schalke am Samstagabend auch aus dem Tabellenbild abzuleiten. Bis auf vier Punkte hatte sich der FCN vorläufig an die Stuttgarter auf dem Relegationsplatz herangeschoben. Und das mit einer Leistung, die dem Club auch in den kommenden Spielen zu Erträgen verhelfen könnte. Nach dem 1:0-Sieg der Schalker in Hannover war am Sonntag klar: Nürnberg hat die rote Laterne an die 96er übergeben.

Zur Leidenschaft, die dem Aufsteiger trotz der auch gegen Augsburg unübersehbaren Qualitätsdefizite schon zuvor in dieser Saison selten abzusprechen war, ist unter dem Interimstrainer Boris Schommers eine erkennbar bessere Organisation hinzugekommen. Im sechsten Spiel nach der Beurlaubung seines vorherigen Chefs Michael Köllner brachte jene kontrollierte Offensive, die Schommers verordnet hat, den lang ersehnten Sieg ein. Zunächst durch Sebastian Kerks Freistoßflanke, die Ishak unbehelligt vollenden durfte, dann durch die von Pereira und Löwen erfolgreich abgeschlossenen Konter. Es war ein verdienter Sieg und ebenso ein Erweckungserlebnis, wenngleich gegen einen FCA, der sich nach zuvor erstaunlichen sieben Punkten aus den drei Spielen gegen Dortmund, in Leipzig und gegen Hannover nun als »der perfekte Aufbaugegner für Nürnberg« präsentierte, wie Augsburgs Defensivspieler Rani Khedira beklagte.

Obwohl der FCN mit 22 Toren weiterhin den schlechtesten Angriff der Liga stellt und noch nie eine Mannschaft seit Einführung der Drei-Punkte-Regel mit nur 13 Zählern in einen 27. Spieltag gezogen war, steht die Versetzung des wirtschaftlichen Ligazwerges nicht mehr ganz so utopisch in Aussicht. »Wir haben immer dran geglaubt«, sagte Kapitän Hanno Behrens, »nach so einem Sieg glauben wir noch mehr dran.« Und Christian Mathenia dachte schon an die nächste Verabredung im Souterrain der Liga am kommenden Sonnabend mit Stuttgart. »Wir müssen nächste Woche die Punkte von heute vergolden, dann sind wir dick im Geschäft«, sagte der Torwart. Nach dem Spiel in Stuttgart kommt Schalke nach Nürnberg. Zumindest in der Theorie eröffnet die Agenda neue Perspektiven.

Die Augsburger dagegen haben eine mögliche Vorentscheidung zu ihren Gunsten im Abstiegskampf deutlich verpasst. »Wir sind alle enttäuscht über die Leistung«, sagte Trainer Manuel Baum, beschloss aber vor dem Viertelfinale im DFB-Pokal am Dienstag gegen RB Leipzig und den noch verbleibenden sieben Bundesligaspielen: »Das wird uns nicht aus der Bahn werfen.« Auch deshalb, weil man beim FC Augsburg darauf eingestellt sei, »dass wir den Abstiegskampf bis zum Ende mit uns tragen«. In Nürnberg dürfen sie darauf nun zumindest wieder ein bisschen mehr hoffen.

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