- Politik
- Mariana Harder-Kühnel
Keine Vizin für die AfD
Kandidatin fällt bei Wahl im Bundestag erneut durch
Wieder nichts: Auch im dritten Anlauf ist die AfD-Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel am Donnerstag im Bundestag sehr deutlich mit dem Versuch gescheitert, sich zur Vizepräsidentin des Hohen Hauses wählen zu lassen. Bei der Abstimmung votierten lediglich 199 von 665 Parlamentariern für die 44-Jährige, eine Mehrheit von 423 stimmte mit Nein, 43 enthielten sich der Stimme.
Die AfD-Fraktion hatte Harder-Kühnel bereits im November vergangenen Jahres für den Posten vorgeschlagen, weil sie im Gegensatz zu anderen Scharfmachern in der Partei öffentlich bisher nicht durch Provokationen für Schlagzeilen sorgte. Aus eben diesen Gründen hatte der Bundestag zuvor drei Mal den AfD-Abgeordneten Albrecht Glaser durchfallen lassen, Harder-Kühnel wurde von der Fraktion daraufhin als neue Kandidatin aufgestellt.
Allerdings gibt es Zweifel, ob das Bild der vergleichsweise gemäßigt auftretenden AfD-Abgeordneten haltbar ist. Kurz vor der Abstimmung berichtete der »Spiegel« unter Berufung auf mehrere Fraktionsmitglieder, Harder-Kühnel arbeite mit dem völkischen Nationalisten Björn Höcke und dessen Gruppierung »Der Flügel« zusammen. So habe ausgerechnet Andreas Kalbitz, nach Höcke der wichtigste »Flügel«-Vertreter, im AfD-Bundesvorstand für die 44-Jährige als Kandidatin für das Bundestagsvizeamt geworben.
Einer, der es wissen könnte, ist der frühere AfD-Politiker Marcus Pretzell. Er behauptet auf Twitter, Harder-Kühnels Verbindung zum Höcke-Flügel seien »seit Ewigkeiten völlig offenkundig«.
Laut »Spiegel« hätten deshalb AfD-Abgeordnete erwogen, die eigene Kandidatin nicht zu wählen. Anders dagegen FDP-Chef Christian Lindner. Er hatte vor der Abstimmung angekündigt, die AfD-Kandidatin zu wählen, um der Partei keine Möglichkeit zu geben, sich als Märtyrer zu stilisieren. Ähnliche Signale hatte es aus der Unionsfraktion gegeben. Deren Parlamentarischer Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) behauptete, durch die Wahl Harder-Kühnels könne die AfD »in die Verantwortung« genommen werden.
Zahlreiche Abgeordnete aus den Reihen von SPD, Grünen und der LINKEN hatten hingegen klargemacht, grundsätzlich keine AfD-Kandidatin wählen zu wollen.
Vorausgegangen war der Abstimmung in den letzten Tagen eine Debatte, ob es der AfD zustehe, eine Bundestagsvizepräsidentin zu stellen. So erinnerte die Bundestagsabgeordnete Canan Bayram (Grüne) daran, dass das Grundgesetz kein Recht auf einen Vizepräsidentenposten kennt. Tatsächlich heißt es in Artikel 40 lediglich, dass der Bundestag sich seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter und Schriftführer wählt sowie eine Geschäftsordnung gibt. In letzterer heißt es aber, dass jeder Fraktion mindestens ein Stellvertreter im Präsidium zusteht.
Gleichzeitig schützt das Grundgesetz aber auch die Gewissensfreiheit jedes Abgeordneten. Dass diese am Ende höher wiegt als eine Geschäftsordnung, entschied 2016 der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof. Damals hatte die im Düsseldorfer Landtag vertretende Fraktion der Piratenpartei erfolglos geklagt, weil ihr im Zuge einer Neubesetzung des Präsidiums der Posten eines Landtagsvizes vom Parlament verwehrt wurde. Kommentar Seite 8
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