Cum-Ex-Whistleblower erhalten Bewährungsstrafen

Das Züricher Bezirksgericht meint, dass der Anwalt Eckart Seith zum Verstoß gegen das Bankgeheimnis angestiftet hat

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Cum-Ex-Prozess hat das Bezirksgericht in Zürich am Donnerstag ein Urteil gefällt: Es sprach den Stuttgarter Anwalt Eckart Seith zwar vom Vorwurf der Wirtschaftsspionage frei, erlegte ihm aber eine Geldstrafe auf Bewährung wegen Anstiftung zum Verstoß gegen das Bankengesetz auf. Ein mitangeklagter Deutscher wurde wegen Wirtschaftsspionage verurteilt und erhielt eine Haftstrafe von 13 Monaten auf Bewährung sowie eine Geldstrafe. Ein weiterer mitangeklagter Deutscher erhielt ebenfalls eine Geldstrafe auf Bewährung. Seiths Anwalt kündigte umgehend Berufung an.

Seiths Mitangeklagte arbeiteten einst für die Privatbank J. Safra Sarasin. Sie übergaben dem Anwalt Unterlagen über Cum-Ex-Geschäfte der Bank. Der Anwalt verwendete sie zunächst für einen Prozess, den er für den Drogerieunternehmer Erwin Müller führte. Dieser hatte über die Privatbank in einen Fonds investiert, der auf den dubiosen Geschäften zulasten des Fiskus basierte, und Geld dabei verloren, das er von der Bank zurückforderte. Seith wies nach, dass die Bank Müller falsch beraten hatte. Die von seinen Mitangeklagten erhaltenen Informationen gab er an die für die krummen Geschäfte zuständigen Behörden in Deutschland und der Schweiz weiter.

»Herr Seith hat Staatsanwaltschaften in 14 Ländern Cum-Ex-Ermittlungen ermöglicht«, erklärte der stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, Fabio De Masi. Die Schweiz bewerte allerdings den Schutz des Finanzplatzes höher als die Strafverfolgung durch Partnerländer in Fällen der Cum-Ex-Abzocke.

»Wir sind froh, dass es zumindest zu keiner Haftstrafe gekommen ist, aber am Ende wurde Eckart Seith verurteilt«, sagte Gerhard Schick von der Initiative »Finanzwende«. Die erste Verurteilung bei Cum-Ex betreffe damit statt eines Betrügers eine Person, die zur Aufklärung des milliardenschweren Raubzugs Cum-Ex beigetragen hat. »Das ist das Ergebnis der Schwerpunktsetzung der Züricher Staatsanwaltschaft, deren Arbeit darauf gerichtet war, Whistleblower abzuschrecken, und nicht, Finanzkriminalität zu bekämpfen.«

Das Bankgeheimnis soll geschützt werden
Der Whistleblower Rudolf Elmer erzählt, warum die Schweizer Justiz gegen die Cum-Ex-Whistleblower vorgeht

Für den Schweizer Ex-Whistleblower Rudolf Elmer, der den Prozess vor Ort verfolgte, ist es »verwunderlich«, dass der Gerichtspräsident den Beschuldigten vorgeworfen hatte, man hätte den Cum-Ex-Missstand an Schweizer Aufsichtsbehörden melden sollen. »Wer diese Schweizer Behörden aus Erfahrung wie ich kennt, sollte wissen, dass keine Strafverfahren gegen renommierte Schweizer Banken wie J. Safra Sarasin geführt werden. Und wenn dies in einem Ausnahmefall geschieht, wird das Verfahren früher oder später eingestellt«, so Elmer gegenüber »neues deutschland«.

Unterdessen kam es hierzulande im Zuge des Cum-Ex-Skandals zu einer Großrazzia. Wie die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Donnerstag mitteilte, wurden bereits am Dienstag 19 Wohnungen und Geschäftsräume in vier Bundesländern durchsucht. An der Razzia nahmen circa 170 Steuerfahnder teil. Die Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Steuerhinterziehung richten sich gegen sieben Beschuldigte, die durch dubiose Cum-Ex-Geschäfte rund 51 Millionen Euro vom Fiskus erschlichen haben sollen. Insgesamt wird der Schaden, den solche Deals anrichteten, auf mindestens zwölf Milliarden Euro geschätzt.

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