Milliardenprofite, null Steuern

60 amerikanische Großunternehmen haben 2018 effektiv null Steuern in den USA gezahlt - doppelt so viele wie in den Vorjahren

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Rund 60 US-Großunternehmen wie der Onlinehändler Amazon, der Autobauer General Motors oder die Fluglinie Delta Airlines haben laut einem Bericht durch Steuertricks 2018 gar keine oder sogar negative Steuern in den USA gezahlt. Das sind laut einer regelmäßigen Untersuchung des Think Tank Institute on Taxation and Economic Policy (ITEP) doppelt so viele wie in den Jahren zuvor.

Die »treibende Kraft« dahinter ist den Forschern zufolge die 2017 verabschiedete Steuerreform von Donald Trump. Durch die war der Unternehmenssteuersatz von 37 auf 21 Prozent gesunken, doch auch diese Steuerrate wird nicht gezahlt, weil die Unternehmen laut ITEP eine »ganze Reihe von legalen Steuererleichterungen nutzen«. Die wurden von der Trump-Administration nämlich weitgehend unangetastet gelassen.

Für normale Amerikaner ist am nächsten Montag »Tax Day«. Das bedeutet, dass die Frist zur Einreichung ihrer Steuererklärungen abläuft. Die Einwohner einiger Bundesstaaten an der Ost- und Westküste gibt es sogar weniger Geld von der Steuerbehörde zurück, da Abschreibemöglichkeiten gestrichen wurden.

Das Gegenteil gilt offenbar für Unternehmen wie Netflix, IBM oder etwa den Ölkonzern Chevron. Insgesamt meldeten die 60 Unternehmen vor Abzug von Steuern Profite in Höhe von 79 Milliarden US-Dollar an – das ist schon wenig, weil ein Großteil der Gewinne durch Steuertricks ins Ausland verschoben wird. Sie zahlten darauf aber null Dollar Steuern.

»Dass eine ganze Reihe großer Unternehmen sämtliche Steuern vermeidet, sendet ein starkes und zerstörerisches Signal an die Gesellschaft, es zeigt den Amerikanern, dass das Steuersystem die Konzerne und Reiche bevorzugt«, lautet das Fazit von Studienautor Matthew Gardner. Im Rahmen der mehrjährigen Studie untersuchte ITEP die Steuererklärungen der 600 Unternehmen, die zwischen 2008 und 2015 auf der Fortune-500-Liste des gleichnahmigen Wirtschaftsmagazins stehen.

Ein Steuertrick, den die Konzerne laut ITEP nutzen, ist der beschleunigte Wertverlust. Mit dem Instrument können Unternehmen Investitionen, die sie etwa zum Erwerb von Geräten getätigt haben abschreiben. Tatsächlich können mindert sich deren Wert aber nicht so schnell, sie können oft noch länger benutzt werden. IBM etwa hatte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 79,7 Milliarden, 60 Prozent davon wurde außerhalb der USA generiert. Der Computergigant meldete dem Finanzamt vor Steuern 500 Millionen Dollar Einnahmen in den USA. Der Konzern erhielt am Ende 342 Millionen US-Dollar von der Steuerbehörde.

Doch die Steuervermeidung der großen US-Unternehmen ist nicht nur unfair, sondern hat auch weitergehende Folgen, sie reißt Löcher in den Staatshaushalt. Laut ITEP-Berechnungen haben sie zunächst durch das Nichtzahlen von den eigentlich fälligen 21 Prozent Steuern auf ihre Gewinne dem Staat einen Einnahmeverlust in Höhe von 16,4 Milliarden verursacht. Viele Konzerne werden aber trotz Milliardengewinnen sogar vom Staat subventioniert, die 60 untersuchten US-Unternehmen erhielten insgesamt 4,3 Milliarden US-Dollar von der US-Steuerbehörde. Deswegen liegt der Schaden für die Gesellschaft sogar noch höher bei insgesamt 20,7 Milliarden.

Durch diese Löcher im US-Haushalt werden dann Kürzungen von Sozialprogrammen nötig, meint ITEP-Analyst Gardner: »Rufe nach Sozialkürzungen und die Steuerreform von Trump sind absolut miteinander verbunden«. Im Zuge von Trumps Steuerreform sind im vergangenen Jahr nach Berechnungen der Forscher die Steuereinnahmen aus der Unternehmenssteuer um 31 Prozent gefallen. In den nächsten zehn Jahren werden US-Unternehmen durch Trumps Steuerreform 1,35 Billionen weniger Steuern zahlen müssen.

Eine, die das ändern will ist US-Senatorin und Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren. Sie ist spezialisiert auf die Regulierung der Finanzmärkte. Die progressive Demokratin hat am Donnerstag ein Gesetz vorgestellt mit dem alle amerikanischen Unternehmen zusätzlich zu sonstigen Steuern mit einer Flatratesteuer von 7 Prozent belegt würden, die Profite über 100 Millionen US-Dollar machen. Die nun vorgestellte »Real Corporate Profits Tax bill« ist nur eine von mehreren Gesetzen, mit denen Warren Amerikas Reichtum besteuern und die soziale Ungleichheit in den USA reduzieren will.

Hier finden Sie die Liste der 60 Unternehmen.

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