Nachhilfe in Demokratie

Wolfgang Hübner über das Urteil zum inklusiven Wahlrecht

Am Ende war es wieder einmal das Bundesverfassungsgericht, das den zähen politischen Gang der Dinge beschleunigen musste. Mit der Entscheidung, behinderten Menschen mit einem gerichtlich bestellten Betreuer das Wahlrecht nicht erst irgendwann, sondern schon bei der EU-Wahl Ende Mai einzuräumen, erledigten die Karlsruher Richter die Arbeit der Bundesregierung.

Diese hatte selbst in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten: »Unser Ziel ist ein inklusives Wahlrecht für alle.« Doch bisher haben Union und SPD freiwillig nichts dafür getan. Im Gegenteil, nachdem das Verfassungsgericht die Politik Anfang des Jahres schon drängen musste, die Sache überhaupt praktisch anzugehen, sorgte es nun auch noch für die zügige Umsetzung.

Eine Regierung, die sich so verhält, nimmt weder sich selbst noch ihre Wähler und Bürger ernst. Die gut 80 000 Menschen in Vollbetreuung sind zwar nur 0,1 Prozent der deutschen Bevölkerung - aber die Demokratie taugt für alle nicht viel, wenn sie den Einzelnen unzulässig einschränkt. Diese Erkenntnis hat das Verfassungsgericht nun der Koalition eingebläut; auch dank des gemeinsamen Eilantrags von Grünen, LINKE und FDP. Drei Fraktionen, die ein politisches Anliegen über Parteitaktik stellen, und das mitten im Wahlkampf: Das ist mal ein schönes Beispiel für Demokratie.

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