Nicht schuld

Uwe Kalbe über Seehofers jüngste Gesetzesvorstöße im Asylrecht

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Sollte Horst Seehofer sich nicht sorgen, von Gedanken wie diesen heimgesucht zu werden? Den unverschuldeten Verbleib von Flüchtlingen in Deutschland stellt der Innenminister dem selbst verschuldeten gegenüber. Dem Heimatminister gilt der Aufenthalt angeblich Unbefugter in seiner Heimat als ein Vergehen, für das sie schuldig gesprochen werden können - und mit Abschiebung bestraft. Stellt sich aber heraus, dass sie sich des Vergehens unverschuldet schuldig machen, dann dürfen sie bleiben. Vorerst.

Richtig, das klingt verrückt. Ist es aber nicht. Schuldig sind für Minister Seehofer alle, deren erklärtes Ziel Deutschland ist. Die Gründe hierfür sind allerdings selten selbst verschuldet. Ob die Umstände, die Menschen aus ihrer eigenen in Seehofers Heimat treiben, hier als triftige Gründe gelten, das ist die Frage. Sich einem Nein zu beugen, macht den Unterschied zwischen verschuldetem oder unverschuldetem Aufenthalt in Deutschland.

Auch Einheimische verstehen diesen Unterschied nicht. Besonders jene, die Seehofer gern als Flüchtlingshelfer lobt, weil sie ihm einen Teil der Arbeit abnehmen. Wenn sie ihre Schützlinge vor einer Abschiebung warnen, will der Minister sie künftig wegen Geheimnisverrats bestrafen. Doch werden Abschiebungen den Betroffenen schon von Amts wegen angekündigt. Für Menschen, die Flüchtlingen helfen wollen, wäre trotzdem eher das Verschweigen der kommenden Gefahr ein Verrat. Und ein Geheimnis zu verraten, das keines ist, darf dann wohl hoffentlich als unverschuldeter Geheimnisverrat gelten.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!