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Ex-Vizepräsident Biden will gegen Trump antreten
Früherer Obama-Stellvertreter begründet Bewerbung mit »Bedrohung« von Grundwerten
Washington. Der frühere US-Vizepräsident Joe Biden will es mit Donald Trump aufnehmen. Der 76-Jährige verkündete am Donnerstag seine Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur der oppositionellen Demokraten. Er wolle kandidieren, um bei der Wahl 2020 der vom amtierenden Präsidenten Trump ausgehenden »Bedrohung für die Grundwerte des Landes« entgegenzutreten.
Bidens Bewerbung kommt alles andere als überraschend, sie war seit Wochen erwartet worden. Mit dem moderat-pragmatischen Ex-Vizepräsidenten gibt es nun bereits 20 Anwärter bei den Demokraten auf die Kandidatur gegen Trump. Biden zählt aber zum engeren Favoritenkreis.
Laut der Website »RealClearPolitics« liegt der Ex-Stellvertreter des früheren Präsidenten Barack Obama im Schnitt der Umfragen mit einem Wert von 29,3 Prozent im demokratischen Bewerberfeld vorn. Auf ihn folgt der 77-jährige Senator und selbsterklärte »demokratische Sozialist« Bernie Sanders mit 23 Prozent und die moderat-linke Senatorin Kamala Harris mit 8,3 Prozent.
In einem dreieinhalbminütigen Webvideo fuhr Biden eine Frontalattacke gegen Trump. Er erinnerte daran, dass der Präsident im Sommer 2017 einen Teil der Teilnehmer eines rechtsextremen Aufmarsches in Charlottesville als »feine Leute« bezeichnet hatte. Damals sei ihm klar geworden, dass das Land in einer Weise bedroht sei, »wie ich es nie zu meiner Lebenszeit gesehen habe«.
Sollte Trump eine weitere Amtszeit bekommen, »wird er für immer und grundlegend den Charakter dieser Nation verändern«, warnte Biden: »Ich kann nicht daneben stehen und das geschehen lassen.« Die »ureigene Demokratie« der USA und ihr Ansehen in der Welt seien in Gefahr.
Trump bezeichnete in einer ersten Reaktion den Ex-Vizepräsidenten als »schlafmützigen Joe« und stellte dessen geistige Befähigung für das Präsidentschaftsrennen in Frage. Er hoffe, Biden habe »die lange in Zweifel gezogene Intelligenz« für die Vorwahlkampagne, merkte Trump sarkastisch im Kurzbotschaftendienst Twitter an.
Aus dem Umfeld Obamas wurde Bidens Bewerbung wohlwollend kommentiert. Der Ex-Präsident halte es für »eine seiner besten Entscheidungen überhaupt«, sich Biden zur Seite geholt zu haben, erklärte Obama-Sprecherin Katie Hill. Er habe sich damals auf Bidens »Wissen, Tiefblick und Urteilsvermögen« gestützt.
Von einer direkten Parteinahme für Biden gegen seine Mitbewerber bei den Demokraten sah Obama aber ab. In dieser Frühphase wolle der Ex-Präsident sich nicht hinter einen »spezifischen« Bewerber stellen, betonte die Sprecherin.
Biden ist seit mehr als viereinhalb Jahrzehnten in der Politik. Vizepräsident war er von 2009 bis 2017. Davor vertrat der Jurist 36 Jahre im US-Senat den kleinen Ostküstenstaat Delaware. Trotz seiner vielen Jahre im politischen Apparat der Hauptstadt gilt Biden als bodenständiger Typ. Er wuchs in einfachen Verhältnissen in einer von Kohle und Schwerindustrie geprägten Region des Bundesstaats Pennsylvania auf.
Experten trauen Biden zu, im Rennen um das Weiße Haus in der wichtigen Wählergruppe der weißen Arbeiterschaft zu punkten - eine Gruppe, in der Trump nach wie vor starken Rückhalt genießt.
Andererseits steht Biden aber als moderater Politiker, der viel mit den Republikanern zusammengearbeitet hat, dem aktuellen Trend bei den Demokraten entgegen. Die Partei hat sich zuletzt nach Links bewegt und ihre ethnische und kulturelle Diversität gesteigert. Derzeit profitiert Biden in den Umfragen offenbar nicht zuletzt auch von seinem im Vergleich zu vielen anderen Anwärtern hohen Bekanntheitsgrad.
Mit zwei früheren Anläufen auf das Präsidentenamt war Biden in den Jahren 1987 und 2008 schon früh in den Vorwahlen gescheitert. Vor vier Jahren verzichtete er auf einen Anlauf. Der Grund war damals nach seiner eigenen Schilderung der Tod seines Sohns Beau, der im Alter von 46 Jahren an einem Hirntumor verstorben war. AFP/nd
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