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Konkurrenzkampf am Himmel
Boeing wie Airbus plagen Probleme - und die Regierungen mischen eifrig mit
Boeing hat erstmals seit den Abstürzen zweier Flugzeuge neue Geschäftszahlen veröffentlicht. Weil der Hersteller seit März keine neuen 737-Max-Flieger mehr ausliefern darf, fiel der Umsatz um zwei Prozent auf 22,9 Milliarden Dollar. Auch die Gewinne sanken - um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahrszeitraum auf 2,1 Milliarden Dollar, wie der US-Konzern am Mittwochabend in Chicago mitteilte.
Die 737 Max wurde von Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt aus dem Verkehr gezogen, nachdem Mitte März eine Maschine des Typs in Äthiopien abgestürzt war. Dieses Unglück geschah nicht einmal sechs Monate nach dem Absturz eines baugleichen Jets in Indonesien. Vorläufige Berichte legen den Schluss nahe, dass eine speziell für die 737 Max entwickelte Software namens MCAS eine entscheidende Rolle spielte.
Boeing kassierte in Chicago nun auch seine optimistischen Prognosen für das laufende Geschäftsjahr wieder und will erst dann neue vorlegen, wenn das finanzielle Ausmaß der 737-Max-Stilllegungen absehbar ist. Bislang galt der Mittelstreckenflieger als Bestseller. Die neue Serie der betagten 737er Reihe wurde 2011 auf den Markt gebracht. Fast 400 Maschinen sind bereits verkauft. Boeing reduzierte nun die monatliche Produktion des Modells von 52 auf 42 Maschinen. Viele Fluglinien hatten nach den Abstürzen in Äthiopien und Indonesien, bei denen 346 Menschen starben, sämtliche Flugzeuge der Modellreihe stillgelegt und Neubestellungen storniert. Über 5000 Bestellungen für die 737 Max stehen im Orderbuch des Konzerns.
Offen bleibt, wie Boeing die technischen Probleme lösen will. Konzernchef Dennis Muilenburg sagte in der vergangenen Woche, man mache beständig Fortschritte. Eine 737 Max mit neuer Software habe ihren Testflug erfolgreich absolviert. Die Software muss jedoch erst von den Behörden zertifiziert werden.
Dabei steht die US-Luftfahrtbehörde FAA selber am Pranger, da sie für ihre Tests auf Ingenieure von Boeing zurückgreift. Die Behörden mehrerer Länder haben für die Neuzulassung mindestens 90 Tage angesetzt. Die 737 Max wird frühestens im August wieder abheben können.
Die Folgen der Krise konnte Boeing jedoch teilweise durch starke Ergebnisse im Dienstleistungsgeschäft und in der Sparte »Defense« ausgleichen. Das Rüstungsgeschäft legte im ersten Quartal um zwei Prozent auf 6,6 Milliarden Dollar zu.
Große Sorgen um die wirtschaftliche Lage dürfte sich Konzernboss Muilenburg daher kaum machen. Faktisch kann sich Boeing mit dem europäischen Luftfahrtriesen Airbus ein weltweites Monopol bei mittleren und großen Jets teilen. Mögliche neue Konkurrenz wird einfach aufgekauft. So übernahm der US-Flugzeugbauer im vergangenen Jahr die Kontrolle über das Regionalflugzeuggeschäft der brasilianischen Embraer. Zuvor hatte Airbus die Mittelstrecken-Baureihe des kanadischen Konkurrenten Bombardier gekauft.
Zudem kennt Muilenburg die Schwierigkeiten, die auch Airbus plagen. Der deutsche Chef Tom Enders hinterließ bei seinem Abgang Anfang des Monats in den mit 37 Millionen Euro fürstlich dotierten Ruhestand zwar einen gut aufgestellten Flugzeug- und Rüstungskonzern. Doch neben Dauerbaustellen wie dem Großraumflieger A380, dessen Produktion bald auslaufen dürfte, und dem weiterhin von Pannen begleiteten Militärtransporter A400M gibt es für Enders’ französischen Nachfolger Guillaume Faury neue Probleme zu bearbeiten. So leidet das strategisch wichtige Weltraumgeschäft - wie bei Boeing - unter neuen Anbietern wie Space X von Tesla-Chef Elon Musk und Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos. Ein neuer Chef der Airbus-Raketensparte soll es nun richten.
Und im milliardenschweren Streit um staatliche Subventionen für Airbus wie auch für Boeing haben die Amerikaner nach einem Urteil der Welthandelsorganisation (WTO) vom März nun mal wieder die Nase vorn. Die WTO stufte die jahrelangen Anschubfinanzierungen verschiedener EU-Regierungen, auch der deutschen, für die Produktion bei Airbus als illegal ein. Die USA drohen nun mit Gegenmaßnahmen in Form von Strafzöllen auf Importe aus der EU - auf einer vorläufigen Liste mit Gütern im Wert von rund elf Milliarden Dollar stehen neben Produkten und Komponenten für die Luftfahrtindustrie auch andere Waren wie Käsesorten, Olivenöl, Orangen und Meeresfrüchte. Die EU droht als Reaktion mit Sonderabgaben auf Tomatenketchup, Wein, Reisekoffer und Spielekonsolen aus den USA.
Der Fall zieht sich seit 14 Jahren durch alle Instanzen der WTO. Die jüngste Entscheidung ist allerdings nicht weiter anfechtbar. Bei der Klage der EU wegen illegaler US-Subventionen für Boeing steht ein abschließendes Urteil noch aus.
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