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  • Bebauungsplan Ostkreuz

Weg frei für Neubau an der Bucht

Lichtenberger Bezirksparlament beschließt bei hitziger Sitzung den B-Plan Ostkreuz

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 4 Min.

»Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! Wer war mit dabei? Die Linkspartei!« So schallt es weit nach 22 Uhr den Abgeordneten und Besuchern der Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Lichtenberg entgegen, die den Sitzungsort verlassen. Kurz zuvor hatte die Mehrheit der Bezirksparlamentarier den umstrittenen Bebauungsplan Ostkreuz beschlossen. Getagt wurde in der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) unweit des Tierparks. Seit 18 Uhr protestierten zeitweise Hunderte gegen das Vorhaben, den B-Plan für die Rummelsburger Bucht in seiner jetzigen Form in Kraft zu setzen. Vergeblich. Die Polizei ist mit massiver Präsenz vor Ort.

Zuvor wurde zweieinhalb Stunden in sehr aufgeheizter Atmosphäre über Für und Wider des Plans debattiert. Dutzende Gegner des Bebauungsplans saßen auf den Zuschauerplätzen und kommentierten lautstark jedes Geschehen. Eine Frau wurde schließlich von der Polizei aus dem Saal getragen. Etliche Besucher wurden gar nicht erst in den Saal gelassen, weil nach Ansicht der Hausherren die Kapazität erschöpft war. Wenn es mal drinnen leiser wurde, war ihr lautstarker Protest von draußen zu hören.

Der am Montagabend beschlossene B-Plan sieht die Errichtung eines Aquariums der Kette Coral World vor. Außerdem sollen Hunderte Wohnungen entstehen, zum Großteil von den zwei privaten Investoren, der für rüde Entmietungen berüchtigten Firmengruppe von Gijora Padovicz sowie der Investa. Letztere ließ sich von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Zusage abhandeln, 25 Prozent Sozialwohnungen zu bauen. Die landeseigene Howoge ist mit einem Projekt mit 174 Wohnungen dabei, darunter 80 mietpreisgebunden. Außerdem baut Ekkehard Streletzki einen Gewerbeblock.

Die Grünen-Abgeordnete Daniela Ehlers stellt zu Beginn der Sitzung den Antrag, die Befassung mit dem Einwohnerantrag, der eine Ablehnung des Plans fordert sowie dem B-Plan selbst, zu vertagen. Das Publikum jubelt. Es gebe »keine inhaltliche Begründung, warum wir die beiden Drucksachen heute schon behandeln. Darüber hinaus hat die angekündigte Informationsveranstaltung für die Bürger*innen nicht stattgefunden«, so Ehlers. Sie findet keine Mehrheit dafür. Die Sondersitzung wurde auf Antrag der CDU einberufen.

»Das Geld spielt überhaupt keine Rolle, sondern der Umstand, dass mit der Annahme des Bürgerantrags ein permanenter Missstand zementiert würde«, sagt der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, Jürgen Hofmann (LINKE).

»Sie werden es nicht aus der Welt bekommen, dass die Planung nicht mehr zeitgemäß ist«, erklärt Michael Merz, einer der Initiatoren der Volksinitiative, die eine Änderung der Entwicklungsziele des Gebiets auf Senatsebene fordert. Eine Frau trägt Stapel ausgefüllter Listen auf das Podium. Es sollen die 20 000 nötigen Unterschriften zusammengekommen sein, damit das Abgeordnetenhaus sich mit der Forderung befassen muss.

Die Zwischenrufe sind zum Teil weit jenseits, zum Beispiel mit Vergleichen der LINKE mit der AfD.

»Zu behaupten, dass man nicht in Ruhe mit uns reden wollte ist eine böswillige Unterstellung«, sagt der SPD-Abgeordnete Kevin Hönicke. »Sie locken die Unterschriften der Leute mit falschen Informationen«, behauptet Hönicke. »Wenn Sie glauben, dass wir Politik für Investoren machen - wenn es jahrelang eine Brache bleiben wird, dann wäre das Politik für Investoren«, erklärt Linksfraktionschef Norman Wolf. Eine gewisse Distanz zum B-Plan zeigt Fraktionskollege Michael Niedworok. »Mehr hätte nur das Land erwirken können, das nun besserwisserisch auf den Bezirk zeigt«, sagt er, allerdings folgt die Ankündigung, »die Verantwortung mittragen und mit der Fraktion mitstimmen« zu müssen.

»Ja, dass Land hat verkauft, aber der Bezirk entscheidet«, argumentiert Iver Ohm, der sich in der Initiative für einen alternativen Bebauungsplan engagiert.

Co-Linksfraktionschefin Kerstin Zimmer verliest eine Rede ihrer Fraktionskollegin Claudia Engelmann, die nicht anwesend sein kann. »Mit welcher mitunter herablassenden Haltung die Leute behandelt wurden«, heißt es da über den Umgang der Bezirkspolitik mit den B-Plan-Gegnern. »Wir entscheiden nicht für die nächsten fünf Jahre, sondern wir treffen eine Entscheidung die für Jahrzehnte, vermutlich noch im nächsten Jahrhundert Auswirkungen haben wird«, argumentiert Engelmann gegen die Verabschiedung des Plans.

»Die Ablehnung würde das Land endlich in die Pflicht nehmen, die Verantwortung dafür, was es dem Bezirk eingebrockt hat, zu übernehmen«, sagt Robert Pohle von den Grünen. All der Protest und die Appelle nützen nichts. Mit Gegenstimmen der zwei Grünen-Abgeordneten, von zwei LINKE-Abgeordneten, einer Parteilosen sowie zwei Enthaltungen aus der Linksfraktion wird der Plan verabschiedet. Ob LINKE und SPD sich für die nächste Wahl einen Gefallen damit getan hat, muss sich noch zeigen.

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