Kaum Zulauf für Rechte
Tausende Menschen stellten sich Aufmärschen entgegen
Erst sollten es 10 000 werden, dann 2000, am Ende waren es nur wenige hundert Menschen, die dem Aufruf der Thüringer AfD nach Erfurt folgten. Für Landeschef Björn Höcke ein blamables Ergebnis, sollte die Demonstration am 1. Mai doch der große Auftakt für den sogenannten Blauen Frühling werden, mit dem die Rechtsaußenpartei in die wichtigen Landtagswahlkämpfe in Thüringen, Sachsen und Brandenburg einsteigen wollte. Kaum besser lief es für die AfD auch auf ihren anderen Kundgebungen. In Chemnitz hatte die Partei eine Versammlung mit etwa 500 Teilnehmern angemeldet, es kamen jedoch deutlich weniger. Ähnlich das Bild auch in Cottbus, wo die Partei mit der rechten Initiative »Zukunft Heimat« kooperierte.
Auch in Erfurt nahm es die AfD mit der Abgrenzung gegenüber extrem rechten Gruppen nicht besonders genau: An der Demonstration nahmen etliche Teilnehmer*innen mit Bekleidung mit neonazistischen Logos wie der Lunikoff Verschwörung oder der Marke Thor Steinar teil. Auch Anhänger der völkisch-nationalistischen Identitären waren darunter. »Das ist eine öffentliche Demonstration. Hier kann jeder mitlaufen, der sich an die normalen Versammlungsauflagen hält«, erklärte Höcke auf Nachfrage des »nd«.
Seine Aussage ist durchaus heikel: Die Verflechtung von Teilen der Partei und insbesondere des Jugendverbandes »Junge Alternative« (JA) mit den Identitären ist einer der Gründe, warum das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD zum Prüffall, sowie die JA und die Gruppierung »Der Flügel« sogar zum »Verdachtsfall« erklärte.
Auch andere extrem rechte Parteien versuchten, den 1. Mai durch Aufmärsche zu vereinnahmen. Mit jeweils nicht einmal 300 Teilnehmer*innen probierte die NPD in Wismar und Dresden, Aufmerksamkeit zu bekommen. In der sächsischen Landeshauptstadt stießen die Neonazis allerdings auf erheblichen Widerstand durch antifaschistische Gruppen, die durch Blockaden den Aufmarsch zeitlich behinderten und die Route verkürzten.
Ebenfalls zu - allerdings nicht erfolgreichen - Blockadeversuchen kam es im sächsischen Plauen. Hier marschierte die Neonazikleinstpartei »Der Dritte Weg« mit etwa 500 Anhänger*innen auf. Für Irritationen sorgte unter den einigen hundert Gegendemonstranten, dass die Neonazis während ihres Protestes Pyrotechnik abbrennen und zudem uniformiert auftreten durften. Die Polizei erklärte auf Nachfrage über Twitter, dass das »Abbrennen von Signalfackeln« den Neonazis durch die Versammlungsbehörde zuvor erlaubt worden sei. Dabei hatte die neonazistische Kleinstpartei mit ihrem martialischen Auftritten bereits mehrfach für Schlagzeilen in der Region gesorgt. 2016 war der »Der dritte Weg« am 1. Mai schon einmal durch Plauen marschiert. Dabei war es zu heftigen Ausschreitungen und Angriffen auf Gegendemonstrant*innen und Journalist*innen gekommen. »Es ist sehr traurig, dass die Nazis wieder durch Plauen laufen konnten«, erklärte die LINKEN-Landtagsabgeordnete Janina Pfau gegenüber »nd«. In Sachsen müsse endlich etwas getan werden, »damit sich die Nazis hier nicht festsetzen.« rdm
Einen Überblick über das Geschehen am 1. Mai, weitere Proteste und Aktionen gibt es im »nd«-Newsblog auf dasND.de/tagderarbeit
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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