Politische Gefangene weiter im Hungerstreik

Mehr als 7000 Häftlinge setzen Protest gegen Isolation von PKK-Mitbegründer Abdullah Öcalan fort

  • Alexander Gorski
  • Lesedauer: 3 Min.

Anfang November vergangenen Jahres begann Leyla Güven, Abgeordnete der linken Demokratische Partei der Völker (HDP), mit einem unbefristeten Hungerstreik, um gegen die andauernde Isolation des ehemaligen PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan zu protestieren. In den vergangenen Monaten haben sich ihr laut Angaben der kurdischen Nachrichtenagentur ANF etwa 7000 politische Gefangene in den türkischen Gefängnissen und Dutzende Aktivisten im westeuropäischen Exil angeschlossen. Auch in Berlin nehmen vier kurdische Männer seit mehr als 100 Tagen an der Aktion teil.

Ihre gemeinsame Forderung: dem seit 1999 auf der Gefängnisinsel İmralı im Marmarameer inhaftierten Öcalan sollen seine verfassungsmäßigen Rechte gewährt werden. Konkret heißt das, dass der seit dem Scheitern der letzten Friedensverhandlungen im April 2015 von der Außenwelt abgeschottete 70-Jährige Besuch von seinen Anwälten und Angehörigen empfangen können soll. Die Aufhebung der Isolation Öcalans ist für die kurdische Bewegung die Grundvoraussetzung für die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit der türkischen Regierung.

»Erdogan wird noch schwächer dastehen«
Die Parlamentsabgeordnete Feleknas Uca von der linken HDP über die anstehenden Neuwahlen in Istanbul

Nachdem der Hungerstreik bisher wenig Aufmerksamkeit erhielt, gab es vergangenen Montag einen ersten Erfolg: Am Nachmittag gab Öcalans Anwaltsteam eine Pressekonferenz in einem Istanbuler Hotel und berichteten von dem ersten Treffen mit ihrem Mandanten seit Mitte Juli 2011. Öcalan betonte in dem von seinen Anwälten verlesenen Schreiben, dass für ihn ein »würdevoller Frieden und eine demokratische politische Lösung« an erster Stelle stünden und sprach sich für neue Verhandlungen aus. Mit Blick auf die Hungerstreikenden bedankte er sich für deren Einsatz, machte aber gleichzeitig klar, dass »für uns ist ihre geistige, körperliche und psychische Gesundheit wichtiger ist als alles andere«.

Die Hungerstreikenden entschlossen sich indes, ihre Aktion fortzuführen. »Unser Widerstand wird fortgesetzt, bis die von uns zuvor deklarierten Forderungen umgesetzt werden und das Justizministerium die gesetzliche Garantie dafür gewährleistet,« verkündete Deniz Kaya, Sprecher der streikenden Gefangenen in der Türkei, noch am Montag.

Auch die vier kurdischen Aktivisten in Berlin werden weiter an der Aktion teilnehmen. Am Dienstag erhielten sie Besuch von einer Delegation der HDP, die sich bis Mittwoch für diplomatische Gespräche in der deutschen Hauptstadt aufhielt. Dabei bezeichnete Pervin Buldan, Ko-Vorsitzende der HDP, das Treffen Öcalans mit seinen Anwälten als »sehr wichtigen Schritt.« Dennoch sieht auch sie die Forderungen der Hungerstreikenden als noch nicht erfüllt an.

Zuvor hatte sich die Delegation mit hochrangigen deutschen Politikern getroffen, darunter der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles und Bernd Riexinger, Ko-Vorsitzender der Linkspartei. »Wir wollen, dass die Bundesregierung Druck auf die Türkei ausübt, sodass die Entscheidungen des Europarats bezüglich der Aufhebung der Isolation umgesetzt werden,« erklärte dabei Faruk Doru, Europavertreter der HDP.

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