Mehr Menschen sollen Wohngeld bekommen

Der staatliche Mietzuschuss soll erhöht und künftig alle zwei Jahre automatisch angepasst werden

Wohl kaum einer hat etwas dagegen, wenn das Wohngeld steigt - aber vom Hocker reißt der Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat, allenfalls den verantwortlichen Innenminister selbst: »Mit der Reform tragen wir dazu bei, dass Wohnen auch für einkommensschwache Haushalte bezahlbar bleibt«, sagte Horst Seehofer (CSU) in Berlin. Hinter diesen Satz dürften viele Menschen ein dickes Fragezeichen machen. Denn auch ein höheres Wohngeld wird bereits erfolgte oder kommende Mietsteigerungen lediglich abfedern. Vorgesehen ist, dass das Wohngeld für Haushalte, die es heute schon bekommen, im Schnitt um etwa 30 Prozent steigt. Ein Zwei-Personen-Haushalt hätte dadurch beispielsweise im Schnitt 190 Euro Wohngeld, statt bisher 145 Euro.

Eine wichtige Neuerung ist, dass das Wohngeld künftig alle zwei Jahre an die Entwicklung von Mieten und Einkommen angepasst werden muss. Bisher hinkt es der Mietensteigerung hinterher, weil es nur selten erhöht wurde. Zudem soll eine neue Mietstufe für besonders teure Gegenden eingeführt werden. Dies ist entscheidend für die Höhe des Zuschusses.

Etwa 660.000 Haushalte könnten im kommenden Jahr von dem staatlichen Zuschuss profitieren, teilt das Innenministerium mit. Das wären rund 180.000 mehr als bisher. Darunter sind auch 25.000 Haushalte, die durch die Erhöhung des Wohngelds nicht mehr auf Hartz IV oder Sozialhilfe angewiesen sein sollen. Wohngeld ist eine Leistung für Geringverdiener, die keine anderen Sozialleistungen erhalten. Es richtet sich nach dem Einkommen, der Zahl der Haushaltsmitglieder und den Mietpreisen in der Wohngegend.

Bundestag und Bundesrat müssen der Novelle noch zustimmen. Bund und Länder finanzieren die Mehrkosten von 214 Millionen Euro je zur Hälfte. Die Gesamtausgaben steigen Seehofer zufolge von derzeit knapp einer Milliarde auf 1,2 Milliarden Euro im kommenden Jahr.

Im Grundsatz wird das Vorhaben allseits begrüßt. Der Deutsche Mieterbund vermisst jedoch die Klimakomponente beim Wohngeld für Mieter teurer energetisch sanierter Wohnungen. Darauf hatten sich Union und SPD im Koalitionsvertrag verständigt. Zudem fordern Sozialverbände wie der SoVD ebenso wie die LINKE, die Anpassung des Wohngelds jährlich vorzunehmen. Die stellvertretende LINKEN-Fraktionschefin Caren Lay sprach von einem »Mini-Reförmchen, das den Mangel an Sozialwohnungen nicht ausgleichen kann«. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund monierte: Auf Dauer sei es »keine Lösung, immer mehr öffentliches Geld in die überzogenen Renditeerwartungen von privaten Wohnungseigentümern und Miethaien zu pumpen«, so DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Mit Agenturen

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.