Umstritten
Personalie
Die radikale Regierungsumbildung in Mali kommt Michel Sidibé gerade recht. Nach dem Rücktritt der gesamten Regierung hatte der von Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keïta beauftragte Ministerpräsident Boubou Cissé eine breite Regierung gebildet, die Teile der Opposition einschließt. Und Sidibé wird als Gesundheitsminister Teil dieser Regierung.
Sidibé kommt mit seinem Wechsel der vorzeitigen Entlassung aus dem Amt des UNAIDS-Chefs zuvor. Er hatte die UN-Sonderorganisation zur Bekämpfung der Immunschwächekrankheit Aids mehr als neun Jahre lang geführt. Eine nach Vorwürfen von Mitarbeitern eingesetzte Kommission hatte ihm vergangenes Jahr eine Kultur der Straflosigkeit vorgeworfen. Er habe Mobbing, sexuelle Belästigung und Missbrauch in der Führungsetage geduldet und einen Personenkult um sich betrieben. Der zweitgrößte Beitragszahler des Programms, Schweden, forderte daraufhin den sofortigen Rücktritt Sidibés und stellte seine Zahlungen vorerst ein. Sidibés für Juni angekündigter Rücktritt galt als Kompromiss, der nun hinfällig wird.
So umstritten Sidibés Führungsstil war, die LGBT-Community (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) hat den verheirateten Vater von vier Kindern für seinen Einsatz gegen Aids 2012 ausgezeichnet: »Wir haben schon sehr lange keinen Homo-Orden mehr verliehen, offensichtlich waren wir zu sehr damit beschäftigt, Homo-Gurken zu verteilen. Doch die Worte von Michel Sidibé, dem Verantwortlichen bei UNAIDS, dem Programm gegen HIV/Aids der UN, die er anlässlich der Washingtoner Welt-Aids-Konferenz in der ›Huffington Post‹ veröffentlichte, überzeugten uns sofort«, hieß es in der Begründung. Die zentrale Aussage Sidibés: »Wir stehen in der tiefen Schuld der LGBT-Community.« Sidibé würdigte damit, dass den Kampf gegen mögliche negative gesellschaftliche Folgen von Aids überwiegend homosexuelle Männer durchfochten haben - stellvertretend für alle, die heute von der Immunschwächekrankheit betroffen sind. An seinem fragwürdigen Führungsstil ändert das freilich nichts.
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